Für eine tragfähige Finanzierung der pluralistischen Erwachsenenbildung in Bayern

Auch Grundbildung ist Aufgabe der Erwachsenenbildung in Bayern. Lesen und Schreiben sind Grundvoraussetzungen für Erfolg im Beruf und für die Teilhabe an der Gesellschaft. Das Erwachsenenbildungsgesetz muss überarbeitet werden. Von Dr. Simone Strohmayr

Gleich zweimal wird in der Bayerischen Verfassung die Erwachsenenbildung genannt: in den Artikeln 83 und 139. Als vierte "Bildungssäule" - neben Schulen, Hochschulen und beruflicher Bildung- hat sie ihren eigenen Stellenwert und eine spezifische Aufgabe: sie soll das lebenslange Lernen fördern und unterstützen, Menschen in vielfältiger Weise Orientierung bieten und ihnen helfen, sich in einer sich ständig verändernden Welt zurechtzufinden.

Das ist heute notwendiger denn je. Eine internationale Bildungsstudie (PIACC) in 24 Ländern und mit 5.200 Teilnehmern aus Deutschland hat außerordentlich schlechte Werte für die Grundbildung in unserem Land ergeben. Laut der PIACC-Studie sind in Deutschland 17,5 Prozent der Erwerbstätigen „funktionelle Analphabeten“. Das heißt, dass nahezu jeder fünfte Erwachsene in Bayern nicht richtig lesen und schreiben kann.

Lesen und Schreiben sind aber Grundvoraussetzungen für Erfolg im Beruf, für den Erwerb von Fachwissen und unverzichtbar für die Bewältigung des Alltags und die Teilhabe an der Gesellschaft. Gesellschaftspolitisch ist es ein Armutszeugnis, wenn so viele Menschen durchs Raster fallen, wenn die soziale Herkunft auch noch im Erwachsenenalter den Bildungsstand der Menschen bestimmt. Dass dieser Zusammengang zwischen sozialer Herkunft und Bildung ein ganzes Leben lang besteht, mag überraschen, muss alarmieren und darf nicht Schicksal bleiben.

Dies zu ändern ist nicht nur, aber auch Aufgabe der Erwachsenenbildung in Bayern. Sie muss verstärkt im Bereich Grundbildung tätig werden. Dafür reichen jedoch die bisher zur Verfügung gestellten Fördermittel bei weitem nicht aus. Gegen die strukturelle Unterfinanzierung hilft nur eine deutlich höhere Grundförderung, nicht die Förderung von immer neuen, zeitlich befristeten Projekten, so sinnvoll diese im Einzelfall auch sein mag.

Das Erwachsenenbildungsförderungsgesetz muss deshalb im Hinblick auf die zukünftigen Aufgaben überarbeitet werden. Vor allem müssen die Freiheit und die Pluralität in der Erwachsenenbildung erhalten bleiben. Das war der erklärte Wille des Gesetzgebers als er vor nunmehr 40 Jahren bewusst an bestehende Strukturen anknüpfte. Wenn nun ein Bericht der ORH zum Anlass genommen werden soll, die Förderfähigkeit genau dieser Strukturen grundsätzlich in Frage zu stellen. ist das ein Angriff auf den Geist des Gesetzes und das Selbstverständnis der Erwachsenenbildung in Bayern.

Strukturen können und müssen sich weiterentwickeln, wenn die Erwachsenenbildung auf der Höhe der Zeit sein will. Daran arbeiten alle anerkannten Träger der EB auch kontinuierlich und sie sind dabei zu unterstützen (Vortrag Prof. Maier).

Die SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag will eine tragfähige Finanzierung der pluralistischen Erwachsenenbildung in Bayern. Außerdem setzt sie sich dafür ein, dass endlich auch im Freistaat ein Weiterbildungsgesetz verabschiedet wird, damit Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch auf Bildungsurlaub erhalten.

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