Heftige Kritik am Integrationsgesetz der Staatsregierung

Heftige Kritik am Integrationsgesetz der Staatsregierung

23. Mai 2016

Über 70 Verbandsvertreter sind sich bei SPD-Fachgespräch einig: Pläne der CSU verhindern Integration, statt sie zu fördern

Mit deutlichen Worten haben mehr als 70 Vertreterinnen und Vertreter der bayerischen Zivilgesellschaft ihr Entsetzen gegenüber dem geplanten Bayerischen Integrationsgesetz der Staatsregierung bei einem Fachgespräch der SPD-Landtagsfraktion zum Ausdruck gebracht. Auf massive Kritik stieß insbesondere das völlige Ungleichgewicht zwischen Fördern und Fordern, das der Gesetzentwurf vorsieht. Wiederholt betonten die Teilnehmenden, dass ein solcher Gesetzentwurf einer gelingenden Integration im Wege stehe und daher eher als „Abschottungs-“ und „Desintegrationsgesetz“ bezeichnet werden müsste.

Mitra Sharifi (Vorsitzende der Ausländer- und Integrationsbeiräte Bayerns) kritisierte, das Gesetz trage „in keiner Weise dazu bei, Zusammenleben zu ermöglichen und Vorurteile abzubauen“. Hedwig Krimmer (ver.di Bayern) beklagte, der gesamte Gesetzentwurf sei geprägt von einer „Eiseskälte“. Er sei ein „Angriff auf uns alle“. Und die Politikwissenschaftlerin Prof. Petra Bendel (Universität Erlangen), die im Auftrag der SPD-Fraktion an einem Gutachten zum Integrationsgesetz arbeitet, bemängelte: „Der Gesetzentwurf setzt eher auf Assimilation denn auf Integration. Damit wird Integration zur alleinigen Bringschuld der Migrantinnen und Migranten gemacht, statt chancengleiche Teilhabe zu ermöglichen.“

Auch den Begriff der Leitkultur lehnten nahezu alle Beteiligten ab. Zudem kritisierten sie, dass der Entwurf keine konkreten Angebote für Zugewanderte vorsehe – dafür aber eine ganze Reihe von Sanktionen, zum Beispiel bei nicht rechtzeitigem Erreichen des „erwartbaren Sprachniveaus“. „Es ist zu befürchten, dass diese Sanktionen insbesondere Ältere sowie Mütter mit Kleinkindern und chronisch Erkrankte treffen, die es naturgemäß schwerer haben, den Erwerb der deutschen Sprache voranzutreiben“, mahnte beispielsweise Helmut Stoll (Referent für Migration Diakonisches Werk Bayern).

Kritik kam überdies auch von Seiten der Wirtschaft: Der Gesetzentwurf lasse viele Fragen „völlig offen“, sagte Sebastian Kühnel (vbw). Hubert Schöffmann (IHK München und Oberbayern) verwies in diesem Zusammenhang unter anderem darauf, dass laut Gesetzentwurf auf die Wirtschaft „keine Kosten“ zukommen würden. Dies halte er für eine „fatale Fehleinschätzung“.

Auch Vertreterinnen und Vertreter von Bildungs-, Wohlfahrts-, Jugend- und Religionsverbänden sparten nicht mit Kritik am Gesetzentwurf. Viele von ihnen hatten diese bereits im Rahmen der Verbändeanhörung der Staatsregierung geäußert. Sie kündigten an, auch weiterhin Widerstand gegen das geplante Gesetz zu leisten.

Der integrationspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Arif Tasdelen erneuerte in diesem Zusammenhang seine Aufforderung an die Staatsregierung, ein Integrationsgesetz vorzulegen, „das den Namen auch verdient“. Die SPD-Fraktion, die bereits im vergangenen Jahr ein eigenes Integrationsgesetz eingebracht hatte, werde auch weiterhin unmissverständlich Stellung gegen die Pläne der CSU beziehen.

Fotos der Veranstaltung finden Sie hier

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