Auf die Zukunft ausgerichtet - Zehn Fakten für Bayern

Annette Karl, MdL, Sprecherin für Wirtschaft, Energie und Digitalisierung

Unser primärer Anspruch ist die weitere Forcierung der bisher so erfolgreichen bayerischen Wettbewerbsfähigkeit - auf nationalem, wie internationalem Parkett. Daneben muss Gleichberechtigung zwischen Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen bestehen. Das sind der Markenkern und das Erfolgsrezept, welche das bayerische Wirtschaftssystem von anderen Wirtschaftsnationen unterscheidet und so erfolgreich macht.

Es ist unser Anliegen, die unternehmerischen individuellen Leistungspotentiale – die Bayern bietet - in all seinen Facetten zu fordern und zu fördern. Der Freistaat hat eine große Zahl an klugen Köpfen, Ideen und Geschäftsmodellen zu bieten und ist dabei gleichzeitig für seine Beständigkeit, Sicherheit und Verlässlichkeit bekannt. Viele alteingesessene Betriebe sowie Global Player, Hidden Champions und Start-Ups schätzen genau das am Freistaat. Zusätzlich bieten die verschiedenen bayerischen Landesteile vielfältige ökonomische und logistische Möglichkeiten.

Vor allem die besondere „bayerische Affinität“ zur Digitalisierung macht den Standtort Bayern für viele interessant. Der Freistaat investiert enorme finanzielle Mittel in die Digitalisierung und deren infrastrukturellen Ausbau. Es muss klar sein, wohin der Freistaat im digitalen Zeitalter will.

Letztendlich können so am besten Vertrauen und Investitionen in die bayerische Wirtschaft aufgebaut und dadurch neue Investoren generiert werden. Auch unsere Bürgerinnen und Bürger leben und arbeiten gerne in allen bayerischen Regionen. Dies soll auch in Zeiten einer digitalen Arbeitswelt so bleiben. Wir dürfen keine Entgrenzung der Arbeit zulassen. Gute Arbeit und zukunftsfähige Arbeitsbedingungen müssen im Zentrum der bayerischen Wirtschaftspolitik stehen. Zusätzlich ist es unsere Aufgabe alle bayerischen Regionen als lebenswert zu erhalten, um weitere Abwanderung und das Aussterben ganzer Landstriche zu vermeiden. Der Erhalt der psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt muss vor Flexibilisierung und den Anforderungen an die psychische Anpassungsfähigkeit hohe Priorität haben und mit Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagement unterstützt werden.

In Zeiten des Fachkräftemangels ist es nicht leistbar, Fachkräftepotentiale ungenutzt zu lassen. Es ist an uns den bayerischen Schülerinnen und Schülern das bestmögliche Werkzeug an die Hand zu geben, um das digitale Zeitalter zu meistern. Daneben müssen wir den weiblichen Fachkräften den Weg (zurück) in ein erfolgreiches und erfüllendes Erwerbsleben bereiten. Frauen dürfen nicht in der Minijob- oder Teilzeitfalle landen. Auch älteren Arbeitnehmern muss die Zukunft in die digitale Arbeitswelt geebnet werden. Bei alle dem muss das Stichwort: „Lebenslanges Lernen“ sein.

Ebenso sollten bayerische Betriebe bei der Ausbildung von AsylbewerberInnen nicht weiter durch Störfeuer der Staatsregierung verunsichert werden. Daneben sind in aktuell turbulenten Zeiten viele ausländische Fachkräfte dabei sich neu zu orientieren, was ihren Arbeits- und Lebensmittelpunkt betrifft. Wir dürfen uns daher die Gelegenheit nicht entgehen lassen und sollten das Wissen und die Fähigkeiten dieser Menschen für die bayerische Wirtschaft nutzbar machen.

Eine florierende Wirtschaft ist auf eine funktionierende und moderne Infrastruktur mit optimalen Anbindungen angewiesen. Seien es Schiene oder Straße, Bayern bleibt nur wettbewerbsfähig, wenn die Betriebe über optimale Verkehrsanbindungen verfügen. Dies gilt für alle bayerischen Regionen. Ebenso braucht es Vielseitigkeit und einen 'gesunden' Branchenmix.

Ein weiterer wichtiger Faktor, der eine sinnvolle Wertschöpfung vor Ort erlaubt, ist eine integrative Energiepolitik. Sie setzt einerseits auf das Nichtverbrauchen von Energien, andererseits findet sie vor Ort statt und schafft so Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Die bayerische Wirtschaft wie auch die Bevölkerung möchte die Energieversorgung gesichert wissen, jetzt und auch in Zukunft.

Außerdem ist ein unverzichtbarer Baustein für eine erfolgreiche bayerische Wirtschaft, eine starke regionale Strukturpolitik, die eigenverantwortliches Handeln ermöglicht. Wir haben es in der Hand, die bayerische Wirtschaft weiterhin zukunftsfähig und innovativ zu gestalten, anstatt künftig von der Substanz zu leben.

1. Bayerische Innovationen fördern

Bayern ist ein Hightech-Standort, der zum Anbieter und Leitmarkt für digitale Produkte von morgen avancieren und damit Marktstandards setzten kann. Außerdem müssen die bayerischen Unternehmen, vor allem Kleine- und Mittelständische Betriebe (KMU), beim Schritt in die digitale Welt noch mehr unterstützt werden. Des Weiteren sollte die Innovationsförderung auf der bayerischen Wirtschaftsagenda einen Platz ganz oben einnehmen. So muss z. B. der von der bayerischen Staatsregierung im Bayernplan (2013) angekündigte „Hightech-Bonus“ umgesetzt werden. Zusätzlich muss der Bekanntheitsgrad der bereits vorhandenen Förderprogramme bei Unternehmen aller Couleur noch weiter gesteigert und die Antragsformalien noch transparenter gestaltet werden.

2. Gigabit-Offensive Bayern

Im unternehmerischen, öffentlichen und privaten Bereich spielt die Digitalisierung eine immer größere Rolle. Es zeichnet sich ab, dass die im bayerischen Breitband-Förderprogramm festgelegten 30Mbit/s–Geschwindigkeiten für die künftig zu erwartenden Datenströme völlig unzureichend sind.

Wir setzen uns daher dafür ein, dass

  • alle bayerischen Gewerbegebiete mit Up- und Download-Geschwindigkeiten im Gigabit- Bereich versorgt werden.

  • die Versorgung der privaten Haushalte mit Geschwindigkeiten ab 100Mbit/s erfolgt.

  • eine flächendeckende Versorgung mit 5G erfolgt.

Insgesamt muss die Staatsregierung diese Ziele auch verbindlich festschreiben.

3. Bayern Digital

Bayern hat sich als Technologiestandort weltweit etabliert. Weltbekannte Technologieunternehmen sind, wie auch digitale Newcomer, im Freistaat zuhause. Nun ist es auch an der Zeit, dass Bayern Trends für die digitale Zukunft setzt und somit entscheidenden Einfluss auf die Marktentwicklungen von morgen nimmt. Bayern hat mit seinen digitalen Gründerzentren in den Regierungsbezirken, mit dem Zentrum Digitalisierung.Bayern (ZD.B) und dessen Plattformen Sprungbretter geschaffen, um zum Trendsetter zu werden.

Es ist daher begrüßenswert, dass die Bayerische Staatsregierung der SPD-Forderung gefolgt ist und nun auch ein Digitalministerium für Bayern eingerichtet hat. Dieses Ministerium benötigt aber entsprechende Kompetenzen, um strategische Arbeit zu leisten zu können, jenseits von reinen Koordinierungs- und Moderationsaufgaben.

Darüber hinaus wären messbare Zielvorgaben und Zwischenetappen im Rahmen der bayerischen Digitalisierungsstrategie sinnvoll, da sie visualisieren, wo Nachbesserungen nötig sind. Unternehmer und Investoren brauchen Gewissheit, wohin die digitale Reise in Bayern geht, um entsprechende und langfristige Investitionen tätigen zu können.

4. Arbeitswelt 4.0 gestalten

Die Digitalisierung der Arbeit fordert angepasste Rahmenbedingungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine Entgrenzung von Arbeit, Arbeitszeit und Arbeitsort muss vermieden werden, daher braucht es klare Regelungen für:

  • Zusammenarbeit zwischen Mensch-Maschine und den Einsatz von Robotik

  • Flexibilisierung und Anpassung der Arbeitszeiten bei gleichzeitigem Schutz des Arbeitszeitenrechts

  • Datenschutz im Arbeitsleben

  • die ökonomisch sinnvolle Gestaltung von Betriebs- und Arbeitsformen

  • die soziale Absicherung in der digitalen Arbeitswelt

Denn durch die Digitalisierung werden sich Arbeitsanforderungen, -zeiten, -orte verändern oder Arbeitsprofile verschwinden.

Deshalb ist das bisherige Dialogforum Leben und Arbeiten 4.0 ein guter Ansatz um einen breiten Diskurs zu guter Produktion und guten Produkten 4.0, zu guter Arbeit und zu Mitbestimmung 4.0 zu führen. Die Ergebnisse dieses Diskurses müssen in gesetzliche Rahmenbestimmungen einfließen. Es geht um den nachhaltigen Aufbau von Digitalisierungskompetenz in ökonomischer, rechtlicher und technischer Dimension.

Daher böte sich eine Digitalisierungsagentur als Servicestelle an,

  • die Unternehmen und Verbraucher informiert,

  • die Behörden als zentrale und kompetente Ansprechpartnerin zur Verfügung steht

  • die Umsetzungshemmnisse für politische Strategien identifiziert und abbaut.

5. Fachkräftepotentiale ausschöpfen

Die Digitalisierung erfordert immer mehr Fachkräfte. Neben den Schülerinnen und Schülern als „Fachkräftenachwuchs“, müssen zusätzlich weitere Wege beschritten werden, um noch mehr weibliche Fachkräfte zu gewinnen. Ebenso muss es ein erklärtes Ziel sein ältere Fachkräfte zu binden bzw. in Betrieben und Unternehmen zu halten. Oftmals wird hier Fachwissen auf fahrlässige Art und Weise in den Ruhestand geschickt. Im Gegenteil, die Menschen müssen auf die digitale Arbeitswelt entsprechend vorbereitet werden. Außerdem muss „Lebenslanges Lernen“, sei es mit akademischem und beruflichem Werdegang, die oberste Prämisse im digitalen Zeitalter darstellen.

Wichtig ist es daher, dass

  • elementare Bildungs- und Weiterbildungsangebote des frühkindlichen Bildungsbereichs, der Schulen, weiterführende Schulen und Hochschulen digitale Inhalte vermitteln.

  • die „Gender-Pay-Gap“ beseitigt wird.

  • Fortbildungsangebote in Betrieben angeboten werden.

  • der weitere Ausbau von Krippenplätzen, die Sicherstellung der Kinderbetreuung in Ferien- und Randzeiten, sowie die weitere Schaffung von Ganztagsangeboten an Schulen erfolgt.

  • familienfreundliche Unternehmen zu einer besseren Vereinbarkeit von Berufsleben und Familie beitragen

  • es bessere Möglichkeiten für Betriebe gibt im Verbund mit Kommunen/Gemeinden Betriebskindergärten zu errichten.

  • eine Überarbeitung des Aufgabenkatalogs des Zentrale-Orte-Systems für eine gut ausgestattete kommunale Daseinsvorsorge erfolgt. Dies schafft „weiche“ Standortfaktoren zur Sicherung der Fachkräfte vor Ort.

  • die Techniker-/Meisterausbildung kostenfrei wird, um die absolute Gleichwertigkeit der akademischen und beruflichen Ausbildung herzustellen.

  • ein Wechsel zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung noch leichter möglich ist.

6. Asylbewerber in Lohn und Brot bringen - Zuwanderung steuern

Des Weiteren fordern wir, dass sich die Staatsregierung an die mit der bayerischen Wirtschaft erfolgreich vereinbarte „3+2+x-Regelung“ hält, die Asylbewerber erfolgreich in Lohn und Brot bringen soll.

Die bisher erfolgte „Störfeuer“ von Seiten der Staatsregierung waren unnötig und haben die Situation vor allem für die bayerischen Arbeitgeber nur zusätzlich erschwert und ihr Engagement teilweise ad absurdum geführt.

Viele ausländische Fachkräfte sind nach dem Brexit und der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten verunsichert, ob sie in diesen Ländern weiter leben und arbeiten können oder künftig andernorts erwerbstätig werden sollen. Auch diese Menschen brauchen in den derzeit immer wieder instabil erscheinenden Lagen eine feste Konstante.

Darum sollte Bayern sich die derzeitige internationale Lage zu Nutze machen und gezielt diese Fachkräfte über die Initiative „Work in Bavaria“ anwerben.

7. Optimale Verkehrsanbindung und moderne Infrastruktur

Staatliche Investitionen in gute Verkehrsanbindung, moderne Infrastruktur und einen barrierefreien öffentlichen Raum sind ökonomisch unverzichtbar. Daher ist ein spezielles Förderprogramm für den Erhalt von Staatsstraßen unumgänglich bzw. eine Änderung des vorhandenen Förderprogrammes muss dahingehend erfolgen, als dass nicht nur der Infrastrukturausbau, sondern auch der Erhalt in besonderer Weise förderwürdig ist.

Des Weiteren braucht es ein eigenes Förderprogramm zur Brückensanierung.

Der Güterverkehr muss auf die Schiene verlagert werden. Daher sind flexiblere Kriterien zur Ertüchtigung und Reaktivierung von Schienenstrecken, aber auch zur Überprüfung, ob Stilllegung der Strecke abwendbar ist, nötig.

Im Ergebnis entlastet dies bayerische Straßen und schafft aufwertende, „weiche Standortfaktoren“ im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge.

8. Re-Industrialisierung und Dienstleistungen verknüpfen

Nachdem sich ein Ansiedlungstrend in den letzten Jahrzehnten von der Industrie- hin zu Dienstleistungsunternehmen abzeichnete, zwang die Finanzkrise 2008 viele dieser Dienstleister in die Insolvenz. Dies führte örtlich zu Leerstand. Bayern konnte diese Krise vergleichsweise gut meistern.

Damit dies auch künftig so bleibt, soll im Rahmen der Arbeit der neuen „Wirtschaftsagentur Bayern – Bavaria Trade and Invest“ eine Renaissance der Industriepolitik parallel zur Existenz von Dienstleistungsunternehmen in bayerischen Gewerbegebieten erfolgen – und umgekehrt. Es muss noch intensiver das Augenmerk auf einem „gesunden“ Branchenmix liegen, der weniger „anfällig“ in Krisenzeiten ist und den Menschen mehr Sicherheit bietet – auch im digitalen Zeitalter.

9. Integrative Energiepolitik

Ziel der bayerischen Energiepolitik ist: sicher, sauber und bezahlbar. Ein weiteres übergeordnetes Ziel kann eine integrative Energiepolitik sein, also sprich: die Verbindung von Wirtschaft und Arbeit, Mobilität und Wohnen sowie Verringerung des Energieverbrauchs und Einsatz erneuerbarer Energien. Außerdem erzeugt die Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen vor Ort regionale Wertschöpfungspotentiale.

Daher fordern wir klaren Rahmenbedingungen für die Energiewende und kommunale Energieberater, im Rahmen des Regionalmanagements, zur Erarbeitung von Energie- und Wärmekonzepten. Außerdem staatlich bezuschusste Bürgerprojekte zur Erprobung dezentraler regionaler Photovoltaik-Energie-Konzepte, mit optionaler Übertragung in dauerhafte Projekte im Rahmen der Amortisationszeit. Dafür sollen landwirtschaftlich nicht nutzbare Flächen Vorrang erhalten.

Des Weiteren ist es vor allem für den Mittelstand sowie für das Handwerk bedeutsam, dass die Stromsteuer gesenkt wird. Die finanziellen Mittel, die hier gespart werden, können in die jeweilige digitale Umrüstung investiert werden.

10. Verantwortungspartnerschaft

Wir setzen auf eine wirtschafts- und regionale Strukturpolitik, die die ländlichen Räume nachhaltig stärkt und mit einer vor Ort individuell abgestimmten Entwicklungsstrategie Stadt und Land gemeinsam stark macht für die Zukunft. Dies muss sich natürlich auch in der Überarbeitung des Landesentwicklungsprogrammes wieder finden. Hier sollten die aktuellen Herausforderungen angegangen werden, unter anderem eine nachhaltige Wirtschaftspolitik, das Prinzip Flächensparen und der Klimaschutz.

Aus diesem Grund ist die Schaffung von Regionalbudgets nicht nur zur Bündelung der Zuständigkeiten, sondern für auch mehr Kompetenzen und mehr Möglichkeiten zur Eigenverantwortung das erste Mittel der Wahl.

Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu allen Ländern der Welt müssen fair gestaltet werden. Bei Lieferketten und Beschaffung muss die Wahrung der Menschenrechte und Arbeitnehmerrechte (ILO- Normen) selbstverständlich werden. Wir wollen die Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen Unternehmen aus Bayern und solchen aus sog. Entwicklungsländern fördern. Bayern soll Vorreiter in fairer und nachhaltiger Produktion werden.

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