Europa- und entwicklungspolitischer Newsletter

Lieferkettengesetz jetzt! Auch Bayern kann handeln.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Europa-Interessierte und Freund:innen!

Endlich kommt das Lieferkettengesetz! Mit ihm sollen deutsche Unternehmen, die im Ausland produzieren lassen, in die Pflicht genommen werden, für Sozial- und Umweltschutzstandards und die Einhaltung von Menschenrechten entlang ihrer Herstellungsketten zu sorgen. Inwieweit die gesetzlichen Regelungen einen validen Einstieg zu einer gerechteren Globalisierung leisten können, werden wir spätestens in einigen Jahren wis¬sen.

Immerhin: die deutsche Vorreiterrolle zeigt bereits Wirkung. Die europäische Ebene will nachziehen – und das womöglich sogar mit strengeren Maßstäben als jene, die der Deutsche Bundestag 2021 beschließen wird. Geht es nach dem Europäischen Parlament, sollen ab 2024 nicht nur große Konzerne, sondern auch mittlere Betriebe in die Haftung genommen werden, sofern diese an der Börse notiert oder einem Hoch-Risiko-Bereich wie der Rohstoff- oder der Textilbranche angehören.

Als entwicklungspolitische Sprecherin und als europapolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion haben auch wir uns schon lange für ein Lieferkettengesetz und eine soziale und nachhaltige Entwicklungspolitik eingesetzt!

Wir unterstützen auch die bundesweite Initiative Lieferkettengesetz:

Aufruf Lieferkettengesetz Strohmayr
Aufruf Lieferkettengesetz Rinderspacher

Wie ein Lieferkettengesetz aussehen sollte, haben ich im Rahmen unserer EUROSPEKTIVEN Reihe mit Expert:innen besprochen:

  • Für Menschenrechte in der Wirtschaft: Das Lieferkettengesetz kommt - Gespräch mit MdB Bernd Rützel. Für das Video bitte hier klicken.

  • Für Menschenrechte in der Wirtschaft: Lieferkettengesetzt jetzt! - Gespräch mit Bärbel Kofler, MdB und Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Für das Video bitte hier klicken.

In unserer EUROSPEKTIVEN-Playlist können Sie die Veranstaltungen nachschauen. Und damit Sie keine weitere Veranstaltung verpassen, abonnieren Sie gerne unsere Veranstaltung oder liken Sie unsere facebook-Seite.

Wir freuen uns, wenn Sie unsere Arbeit im Bayerischen Landtag verfolgen und mit Anregungen begleiten. Corona bedingt können Sie auch 2021 alle Europa-Ausschusssitzungen live verfolgen und sich selbst ein Bild von unserem Einsatz vor Ort machen: Bayerischer Landtag - YouTube. Die nächsten Termine des Europaausschuss für das Jahr 2021 finden Sie hier: https://www.bayern.landtag.de/aktuelles/sitzungen/

Bleiben Sie gesund!

Ihre
Dr. Simone Strohmayr, MdL
Entwicklungspolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion

Markus Rinderspacher, MdL
Europapolitischer Sprecher der BayernSPD-Landtagsfraktion

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SPD-Initiativen für ein Lieferkettengesetz

Zusammen mit Dr. Franziska Humbert von Oxfam Deutschland habe ich bereits 2019 darauf hingewiesen, wie deutsche Supermarktketten Menschenrechts- und Umweltstandards missachten.

Pressekonferenz Rinderspacher

v. l. n. r.: Markus Rinderspacher, europapolitischer Sprecher; Dr. Franziska Humbert, Oxfam Deutschland; Felix Hälbich; stellvertretender Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion

In dieser Legislaturperiode hat die SPD-Landtagsfraktion bereits dreimal einen Antrag zur Umsetzung des Lieferkettengesetzes gestellt. Unser Ziel ist es dabei nicht nur, dass sich der Freistaat auf Europa- und Bundesebene für das Lieferkettengesetz ausspricht, sondern auch in Bayern ökologische, soziale und menschenrechtliche Kriterien im Vergaberecht, im Bereich der öffentlichen Beschaffung sowie bei Unternehmensbeteiligungen verbindlich festschreibt, um der staatlichen Vorbildfunktion gerecht zu werden.

  • Antrag - Lieferkettengesetz: Sorgfalts- und Rechenschaftspflicht von Unternehmen jetzt auch auf EU-Ebene durchsetzen Drucksache 18/14900 vom 25.3.2021

  • Antrag - Globalisierung fair gestalten: Lieferkettengesetz jetzt Drucksache 18/10303 vom 7.10.2020

  • Antrag - Einhaltung der Menschenrechte in globalen Lieferketten sicherstellen Drucksache 18/3383 vom 9.8.2019

Anders als der Deutsche Bundestag und das Europäische Parlament haben die konservativen Mehrheitsfraktionen im Bayerischen Landtag Initiativen für bessere Sozial- und Umweltstandards im globalisierten Handel jedoch stets abgeblockt und es versäumt, rechtzeitig und glaubwürdig starke Signale für mehr Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt auszusenden. Stattdessen wurden sozialdemokratische und grüne Initiativen für ein bundesdeutsches Lieferkettengesetz von den Regierungsfraktionen in Bayern stets abgelehnt, anfangs noch mit inhaltlichem Nachdruck, später dann unter Angabe formaler Kriterien bayerischer Nichtzuständigkeit.

Wo Bayern handeln könnte: im eigenen Verantwortungsbereich

Das immer gleiche Argument, das bei Debatten im Landesparlament zu Fragen von internationaler Tragweite vorgetragen wird, rekurriert auf die ver¬¬meintliche Nichtzuständigkeit des Freistaats.

Aber nüchtern betrachtet bräuchte Bayern nicht einmal Vorgaben der Europäischen Union (EU), um im Vergaberecht künftig Klimaschutz, die nachhaltige Nutzung der Wasser- und Meeresressourcen, den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft oder die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme zu berücksichtigen. Bayern kann handeln. Im eigenen Verantwortungsbereich.

Wirkungsmacht öffentlicher Beschaffung

Dabei könnte der Freistaat sogar im eigenen Wirkungsbereich jede Menge für das weltweite Gerechtigkeitsprinzip bewirken, wenn er konsequent menschenrechtliche, ökologische und soziale Kriterien in sein Vergabewesen integrieren würde. Das Investitionsvolumen der öffentlichen Beschaffung ist enorm; es macht zwischen 10 und 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus.

Die Vergabenachfrage erreicht dabei sehr viele Bereiche: von der Sicherung des öffentlichen Nahverkehrs und der Gewährleistung der Wasserversorgung über die Abfallentsorgung, den Hoch- und Tiefbau bis zur Büro- und Verwaltungsausstattung selbst. Allein im Bereich der bayerischen Steuerverwaltung mit dem enormen Beschaffungsvolumen von ca. 188 Mio. Blatt Papier pro Jahr ist die Nachfrage nach Recyclingpapier unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit von erheblichem Belang.

Bayern als einziges Bundesland ohne Vergabe- und Tariftreuegesetz

Es wäre viel erreicht, wenn die öffentliche Hand im eigenen Tun vorbildlich agiert. Soziale und ökologische Kriterien in ein bayerisches Vergabegesetz einzubetten, war in den vergangenen elf Jahren bereits sechs Mal Gegenstand von Gesetzentwürfen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. So gebetsmühlenartig die Opposition ihre Argumente vorgetragen hat, so hartnäckig wurden von den jeweiligen CSU/ FDP/FW-Regierungen die Initiativen abgelehnt.

Zuletzt wollte die SPD 2019 zur Verhinderung von Dumpinglöhnen und Wett-bewerbsverzerrungen im öffentlichen Auftrag Unternehmen zur Abgabe von Tariftreueerklärungen im Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs sowie zu einer Erklärung zur Zahlung eines spezifisch bayerischen Mindestlohns verpflichten…

Dabei wurden zwischen 2010 und 2019 Gesetzentwürfe in den denkbar unterschiedlichsten Variationen vorgelegt, die die öffentliche Auftragsvergabe jeweils nicht an das billigste, sondern an das nachhaltig wirtschaftlichste Angebot koppeln wollten, sei es mittels ökologischen und/oder sozialen Kriterien wie einer Ausbildungsquote oder Fragen der Frauenförderung in den Bewerberbetrieben. Fakt ist: Bayern ist heute das einzige Bundesland, das auf ein eigenes Vergabe- und Tariftreuegesetz verzichtet.

Dauerthema: Öffentlicher Fuhrpark

Unter Berücksichtigung des Klimaschutzes spielt in der Beschaffungspolitik die Bestückung des öffentlichen Fuhrparks eine wesentliche Rolle für umweltbewusstes Handeln.

Der Fuhrpark ist bis heute eines der wenigen relevanten Beschaffungssegmente, bei dem sich die Staatsregierung zu konkreten Zielsetzungen und parlamentarischen Beschlüssen hinreißen ließ: eine Beschaffungsinitiative für elektromobile Fahrzeuge anstelle von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Doch die bayerische Staatsregierung hat ihr erklärtes Ziel vom März 2016, bei Neuanschaffungen im staatlichen Fuhrpark die Zahl elektromobiler Fahrzeuge auf 20 Prozent zu erhöhen, seitdem Jahr für Jahr deutlich verfehlt.

Dass jener Landtagsbeschluss heute nicht umgesetzt wird, lässt vermuten, dass die Staatsregierung Schwächen im Zielmanagement aufweist oder ihre eigenen Ziele selbst nicht ernst nimmt.

Dies gilt offensichtlich auch in eigener ministerieller Sache. Einer Studie der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zufolge liegt Bayern bei der Umweltbilanz der Ministerdienstwagen im Bundesländervergleich 2020 nur auf Platz 10.

Staatliche Kantinen

Ähnlich wenig zufriedenstellend sieht es mit der Nachhaltigkeitsqualität in den staatlichen Kantinen Bayerns aus. Die Vergabe von Verpflegungsleistungen ist ein wichtiger Baustein zur gesunden und nachhaltigen Ernährung. Das Potenzial für nachhaltige Lebensmittel ist in der bayerischen Gemeinschaftsverpflegung mit täglich rund 1,8 Mio. Essen groß.

Umso wichtiger erscheint es, dass die öffentliche Hand an dieser Stelle mit positiven Beispielen vorangeht. Doch weit gefehlt. Der Anteil an Bioprodukten in der Kantine ausgerechnet des Ministeriums für Umwelt- und Verbraucherschutz lag im Jahr 2019 bei nur sieben Prozent.

Mit Ministerratsbeschluss vom 13. Januar 2020 hat die Staatsregierung letztes Jahr zwar das Ziel erklärt, in öffentlichen Kantinen den Anteil regionaler und ökologischer Lebensmittel bis 2025 deutlich auf einen Anteil von 50 Prozent zu erhöhen. Doch schon ein halbes Jahr später blieb eine parlamentarische Anfrage von Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann nach dem Anteil zertifizierten Bio-Schweinefleischs in staatlichen Kantinen unbeantwortet. Staatsministerin Michaela Kaniber gab vor, ihr lägen keine Daten vor, wieviel Schweinefleisch prozentual mit dem Bayerischen Bio-Siegel in den staatlichen Kantinen verwendet würde. Es drängt sich die Frage auf: wieso werden Ziele definiert, deren Umsetzung jedoch weder mit konkreten Maßnahmen hinterlegt noch entsprechend kontrolliert werden?

Wir bleiben dran: Die SPD-Landtagsfraktion wird sich auch in Zukunft für eine fair gestaltete Globalisierung und die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen! Unterstützen Sie uns dabei!

Interessiert? Mehr von unseren Forderungen finden Sie in unseren Initiativen für eine soziale und nachhaltige Entwicklungspolitik:

  • SPD-Antrag - EU-Beschluss schnell umsetzen: Palmöl in Dieselkraftstoff verbieten Drucksache 18/11410 vom 19.11.2020

  • SPD-Antrag - Kampf gegen den Hunger: Unterstützung für das Welternährungsprogramm Drucksache 18/10752 vom 21.10.2020

  • SPD-Antrag - Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee abschaffen Drucksache 18/10750 vom 21.10.2020

  • SPD-Antrag - Solidarität mit dem globalen Süden: Schuldenmoratorium für die ärmsten Länder in der Coronakrise Drucksache 18/10784 vom 21.10.2020

  • SPD-Antrag - Gründung eines Bayerischen Gemeinschaftswerks zur Förderung der dualen Ausbildung in den afrikanischen Partnerländern Drucksache 18/10751 vom 21.10.2020

  • SPD-Antrag - Kein Freihandel zu Lasten von Umwelt, Klima und Menschenrechten: Mercosur-Abkommen neu starten Drucksache 18/10753 vom 21.10.2020

  • SPD-Antrag - COVID-19: Solidarität mit Afrika Drucksache 18/8158 vom 28.5.2020

  • SPD-Antrag - Bayerische Entwicklungszusammenarbeit: Waldaufforstung in den afrikanischen Partnerländern Drucksache 18/7745 vom 6.5.2020

  • SPD-Antrag - Heuschreckenplage: Unterstützung für Bayerns Partnerland Äthiopien Drucksache 18/7095 vom 25.3.2020

  • SPD-Dringlichkeitsantrag - Bayerns Afrikapolitik Drucksache 18/3712 vom 25.9.2019

  • SPD-Gesetzentwurf - für ein Bayerisches Gesetz zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestlohn bei öffentlichen Auftragsvergaben und zur Einführung eines Bayerischen Mindestlohns Drucksache 18/108 vom 16.1.2019

  • SPD-Gesetzentwurf - für ein Bayerisches Gesetz zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestlohn bei öffentlichen Auftragsvergaben Drucksache 17/21033 vom 2.3.2018

  • SPD-Gesetzentwurf - zur Durchsetzung eines Mindestlohns in Bayern und zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestlohn bei öffentlichen Auftragsvergaben in Bayern Drucksache 17/58 vom 7.11.2013

  • SPD-Gesetzentwurf - zur Durchsetzung eines Mindestlohns in Bayern und zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestlohn bei öffentlichen Auftragsvergaben in Bayern Drucksache16/16691 vom 7.5.2013

  • SPD-Gesetzentwurf - zur Sicherung von Tariftreue und Mindestlohn, ökologischen Kriterien und Frauenförderung bei Auftragsvergaben des Freistaats und der Kommunen Drucksache 16/6700 vom 9.12.2010

Am "Runden Tisch Bayern: Sozial- und Umweltstandards bei Unternehmen", ausgerichtet vom Eine Welt Netzwerk Bayern, habe ich bereits mehrmals teilgenommen, um aufzuzeigen, was der Freistaat Bayern zur besseren Umsetzung von Sozial- und Umweltstandards bereits heute beitragen könnte.

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