Untersuchungsausschüsse sollen Klarheit schaffen

Die beiden Untersuchungsausschüsse sollen aufklären, welche Rolle Markus Söder und die Staatsregierung bei der für den Steuerzahler sehr kostspieligen Entstehung des Nürnberger Museums gespielt haben und warum sie die immense Kostensteigerung und Terminverzögerung beim Münchner S-Bahn-Ausbau so lange verschwiegen haben.

Untersuchungsausschüsse Stammstrecke U. Nürnberger Museum

Die Menschen in Bayern kommt diese Politik teuer zu stehen: Beim Museum war ursprünglich von einer Anschubfinanzierung von lediglich acht Millionen Euro die Rede – inzwischen beträgt der Kostenanteil des Freistaats mehr als 200 Millionen Euro. Das Geld fließt an einen Investor, der nachgewiesenermaßen Parteispenden für die CSU überwiesen hat.

Noch krasser ist die Kostensteigerung bei der Stammstrecke, die längst den zweifelhaften Ruf eines bayerischen BER-Flughafens genießt: Aus 3,8 Milliarden Euro im Jahr 2016 sind inzwischen rund sieben Milliarden geworden, statt im Jahr 2028 sollen erst 2037 die ersten Züge rollen. CSU und Freien Wähler wussten mindestens seit Frühjahr 2020 davon, hielten diese Hiobsbotschaft aber bis zum Sommer 2022 und damit bis nach der Bundestagswahl geheim. Aktivitäten, um dieses Dilemma noch zu verhindern, sind bislang nicht bekannt.

Volkmar Halbleib, MdL: „Transparente und saubere Politik sieht anders aus als das, was die CSU hier in den vergangenen Jahren an den Tag gelegt hat. Markus Söder muss erklären, warum er in Nürnberg zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger einen Investor durchgedrückt hat, der seiner Partei Spenden überweist.“

Inge Aures, MdL: „Die Stammstrecke ist das wichtigste Verkehrsprojekt Südbayerns. Und was liefern CSU und Freie Wähler hier ab? Nichts. Sie kontrollieren nicht, sie greifen nicht ein – sie schauen einfach zu, wie das Projekt zum Finanzfiasko wird. Und sie verschweigen die Probleme mehrere Jahre lang. Ich bin sehr gespannt, wie die Söder-Regierung dieses Desaster erklären will.“

Die wichtigsten Fragen und Antworten

Deutsches Museum Nürnberg

Was genau ist bei dem Museum schiefgelaufen?

Bei dem Untersuchungsausschuss geht es nicht um das Museum selbst und seine Sammlung - die SPD sieht das Projekt an sich mit Sympathie. Problematisch sind vielmehr die exorbitanten Kosten für den bayerischen Steuerzahler, die intransparente Standortentscheidung und die Bevorzugung eines Investors zu Lasten von Deutschem Museum und Freistaat Bayern. Das Projekt des sogenannten Zukunftsmuseums, eines Ablegers des Deutschen Museums in München, ist bereits unter dubiosen Umständen entstanden und zahlreiche mehr als fragwürdige Entscheidungen ziehen sich wie ein roter Faden durch dessen Realisierung - wie auch der Bayerische Oberste Rechnungshof bereits festgestellt hat. Die Mietkosten sind nach Einschätzung von Fach- und Rechtsgutachtern viel zu hoch ausgefallen. Warnhinweise fachlich versierter Stellen wurden übergangen und es gibt die berechtigte Kritik, dass der Realisierungsvertrag ohne ordnungsgemäßes Vergabeverfahren abgeschlossen wurde.

Welche Rolle spielt dabei Markus Söder?

Eine sehr große. Söder war die treibende Kraft, er hat das Projekt in seiner Heimatstadt aus politischem Ehrgeiz gegen alle Regeln und gegen jede wirtschaftliche Vernunft durchgedrückt. Er hat damit alle fachlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Einwände aus dem eigentlich zuständigen Wissenschaftsministerium und aus dem Deutschen Museum vom Tisch gewischt, während zeitgleich das Deutsche Museum insgesamt wegen der Sanierungskosten in München in Schieflage geriet. Er hat sich zur Unzeit sehr früh öffentlichkeitswirksam auf einen Standort und damit einen Investor festgelegt, ohne dass die maßgeblichen Bedingungen festgelegt waren. Damit hat er die Verhandlungsposition von Deutschem Museum und Freistaat Bayern so geschädigt, dass damit Millionenschäden riskiert wurden. Er hat auch maßgeblich eine vom Investor nachträglich vorgeschlagene millionenteure Erweiterung der Flächen unter Umgehung der eigentlich zuständigen Stellen und ohne vorherige Bedarfsanmeldung vorangetrieben.

Warum wurde der Investor bevorzugt und erhielt so gute Konditionen?

Das herauszufinden, ist eine der wichtigsten Aufgaben des Untersuchungsausschusses. Es muss geklärt werden, welche Beziehungen und Verquickungen zwischen Vertretern der Staatsregierung und dem Vermieter bestehen, der über eine Tochtergesellschaft in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 90.500 Euro an die CSU gespendet hat. Es ist auffallend, mit welcher Vehemenz frühzeitig der Standort und der für den Investor so unangemessen vorteilhafte (und für den Steuerzahler schlechte) Mietvertrag durchgedrückt wurde - vor allem durch Markus Söder, der damit die Verhandlungsposition des Freistaates dramatisch verschlechtert hat. Dem Landtag wurde die Finanzierung des Projekts erst vorgelegt, als die Staatsregierung schon vollendete Tatsachen geschaffen hatte. Die staatliche Finanzierung des Projektes wurde verschleiert und lief letztlich aus dem Ruder: Während im Anfangsstadium des Projekts von einer Anschubfinanzierung von lediglich 8 Millionen Euro die Rede war, beträgt nach den Feststellungen des Bayerischen Obersten Rechnungshofs die Kostenbeteiligung des Freistaates für Miete, Betrieb und die Investitionskosten über 200 Millionen Euro.

Was soll der Untersuchungsausschuss herausfinden?

Die SPD will klären, ob der damalige Finanzminister Söder einen sachwidrigen und unzulässigen Einfluss auf das Projekt, auf die Auswahl von Standort und damit Investor sowie den Abschluss des für den Freistaat mehrfach problematischen Mietvertrags ausgeübt hat und welche Rolle dabei Parteispenden und politische Verquickungen gespielt haben. Der Bayerische Oberste Rechnungshof bezeichnete den Vertrag als „vermieterfreundlich“, die Miete als „hoch“. Ein Verstoß gegen das Vergaberecht würde auch die Frage der Rückzahlung staatlicher Fördermittel aufwerfen. Alle bisherigen Erkenntnisse, insbesondere des Obersten Rechnungshofs, sprechen dafür, dass Staatsregierung und Deutsches Museum gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gehandelt haben. Wie hoch der Schaden für den Steuerzahler genau ist, muss jetzt der Ausschuss klären.

Stammstrecke

Warum gibt es einen Untersuchungsausschuss Stammstrecke?

Die für die Münchner S-Bahn verantwortlichen Politiker von CSU und Freien Wählern haben spätestens im Frühjahr 2020 davon erfahren, dass die zweite Stammstrecke erheblich teurer und erst viele Jahre später fertig wird. Öffentlichkeit und Landtag erfuhren aber erst im Sommer 2022, dass nun plötzlich von rund sieben Milliarden Euro Baukosten (2016 noch 3,8 Milliarden) und einer Fertigstellung im Jahr 2037 (bisher hieß es: 2028) die Rede ist. Die demokratischen Oppositionsparteien SPD, Grüne und FDP haben der Staatsregierung ausreichend Gelegenheit gegeben, zu diesem Dilemma und vor allem auch zu den Gründen für das lange Schweigen Stellung zu beziehen. Da CSU, Freie Wähler und die Ministerien die Antworten schuldig bleiben, soll nun ein Untersuchungsausschuss die Vorfälle aufklären. Das ist die Politik den Bürgerinnen und Bürgern sowie ganz speziell den leidgeprüften Fahrgästen der Münchner S-Bahn schuldig.

Welche Erkenntnisse erhofft sich die SPD?

Es muss aufgeklärt werden, wann die Staatsregierung von Kostensteigerung und Terminverzögerung erfahren hat, warum sie dies geheim hielt und ob sie irgendetwas unternommen hat, um die katastrophale Entwicklung noch abzuwenden. Denn die Deutsche Bahn hat dem Verkehrsministerium durchaus Vorschläge gemacht, wie die Kostenexplosion begrenzt und die Bauzeit zumindest einigermaßen eingegrenzt werden kann. Auch der Ministerpräsident muss Farbe bekennen, wann er informiert wurde, warum ein vom Freistaat verantwortetes Projekt derart aus dem Ruder laufen konnte und warum die Bürgerinnen und Bürger so lange im Unklaren gelassen wurden – unter anderem im Jahr der Bundestagswahl.

Wie läuft so ein Untersuchungsausschuss ab?

Ein Untersuchungsausschuss ist ein parlamentarisches Gremium, kein Gericht. Er darf Akteneinsicht beantragen und Zeugen vernehmen – im Falle der Stammstrecke sollen auch Markus Söder und der frühere Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer aussagen. Der Untersuchungsausschuss wird turnusgemäß von den Freien Wählern geleitet, ihm gehören elf Mitglieder an (CSU: fünf Mitglieder, Grüne: zwei Mitglieder, Freie Wähler: ein Mitglied, SPD: ein Mitglied, FDP: ein Mitglied, AfD: ein Mitglied). Er muss in dieser Amtsperiode abgeschlossen werden.

Wäre es nicht besser, das Projekt zu beenden?

Der sogenannte Rückbau plus die Entschädigung für bereits erteilte Bauaufträge würde rund drei Milliarden Euro kosten – und dann stünde München erst einmal ohne jede Planung für die Zukunft seiner S-Bahn da. Die Folge wäre, dass vermutlich bis 2040/2050 gar nichts vorangeht (und das bei Kosten von immerhin drei Milliarden Euro!). Die Stammstrecke hingegen ist bereits im Bau und größtenteils genehmigt. Die immer wieder diskutierte Alternative, der Ausbau des DB-Südrings, birgt erhebliche Risiken: Es gibt keinerlei belastbare Planung, die Strecke müsste voraussichtlich viergleisig ausgebaut werden und sie verläuft oberirdisch mitten durch Münchner Wohnviertel – in Untergiesing sogar über ein Viadukt auf Höhe des ersten und zweiten Stocks. Das macht Einsprüche und Gerichtsverfahren sehr wahrscheinlich. Zudem wurde der Südring in Studien als die klar schlechtere Lösung eingestuft. Denn er liegt abseits der Altstadt, so dass viele Fahrgäste aus dem Umland künftig umsteigen müssten, um zum Marienplatz zu gelangen.

Was verspricht sich die SPD von der zweiten Stammstrecke?

Die Züge ins Umland könnten künftig in kürzeren Abständen fahren – die bestehende Stammstrecke bietet dafür keine Kapazität mehr. Zudem sollen Regional-S-Bahnen auf längeren Strecken – unter anderem nach Niederbayern und Schwaben – durch die Röhre rollen. Auch eine Express-S-Bahn zum Flughafen ist Teil der Planungen. Das verbesserte Angebot soll noch mehr Menschen animieren, ihr Auto stehen zu lassen und bequem per Bahn nach München zu fahren.

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