In ihren Bemühungen um eine Aufweichung des Alpenschutzes steuert die Staatsregierung schnurstracks auf einen Konflikt mit den Gerichten und mit der EU zu. Trotz deutlicher Warnungen der SPD-Fraktion, das sogenannte dritte Modernisierungsgesetz sei mit dem europäischen Umweltrecht unvereinbar, lehnte die Regierungsmehrheit aus CSU und Freien Wählern in der heutigen Plenumssitzung eine Vertagung des umstrittenen Gesetzesentwurfs ab und verabschiedete ihn schließlich. „Damit ist der Schutz unserer Alpen an entscheidender Stelle ausgehebelt“, kritisiert der SPD-Alpenexperte Florian von Brunn. „Beschleunigt und vereinfacht wird trotzdem nichts – eine Prozesslawine ist absehbar.“
Die SPD hatte zusammen mit den Grünen eine Vertagung des Gesetzentwurfs beantragt, mit dem die Staatsregierung unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus die Zahl der Umweltprüfungen auf ein absolutes Mindestmaß herunterfahren will. Hintergrund des Vertagungswunsches ist ein Gutachten, das dem Gesetz bescheinigt, „mit großer Wahrscheinlichkeit an mehreren Stellen gegen europäisches Umweltrecht zu verstoßen“, so Florian von Brunn.
Der Münchner SPD-Politiker sieht diverse juristische Schwachstellen in dem Vorhaben: So sollen die Schwellenwerte, ab denen eine Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtend ist, so unverhältnismäßig hochgeschraubt werden, „dass ein Großteil der Projekte nicht mehr geprüft, sondern einfach durchgewunken wird.“ Das sei nicht zulässig. Das von CSU und Freien Wähler immer wieder angeführte Österreich mit seinen laxeren Vorschriften sei als Vorbild falsch ausgewählt, da die Situation nicht vergleichbar sei und der Alpenstaat bereits einen blauen Brief aus Brüssel erhalten habe. „Bayern ist dabei, denselben Fehler zu wiederholen.“ Zudem sei die im Gesetz explizit vorgesehene „Salamitaktik“, nach der eine schrittweise Planung von Skigebieten eine Umgehung des Naturschutzes ermöglicht, nicht zulässig. Von Brunn erinnerte die Abgeordneten der Regierungskoalition an ihren Amtseid, mit dem sie sich zur Einhaltung der Gesetze verpflichtet haben.
Die SPD kämpft zusammen mit den Grünen bereits seit Wochen in einem breiten Bündnis für den Alpenschutz, der nicht unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus eingeschränkt werden darf. „Die natürliche Schneedecke schrumpft, die Zeit für künstliche Beschneiung wird immer kürzer“, erklärt Florian von Brunn. „Das heißt: Es ist bald vorbei. Aber für ein paar letzte Jahre wollen Sie den Alpenschutz schleifen.“ Von Brunn erinnert an das Skigebiet Jenner: Dort wurden Millionen an Subventionen versenkt – inzwischen ist der Skibetrieb eingestellt, das Geld größtenteils verloren.