Vier Tage lang quer durch Bayern, acht Infostände mit Bürgergesprächen, drei Abendveranstaltungen und rund 20 Besuche bei Firmen und Institutionen – die SPD-Landtagsfraktion hat eine ebenso dicht getaktete wie spannende Klausur hinter sich. Mobil im Bus. Dabei wurde wieder einmal deutlich: Es ist wichtig, mit den Menschen direkt vor Ort ins Gespräch zu kommen. Aus erster Hand zu erfahren, wo es gut läuft und wo der Schuh drückt. Hinter den Mauern des Landtags oder eines Klosters lässt es sich trefflich theoretisieren – das wahre Leben aber findet auf Bayerns Marktplätzen statt, in den Unternehmen, Kliniken, Kitas und Schulen.
Die SPD hat herumgefragt, was los ist im Land. Und dabei erfahren, dass doch einiges im Argen liegt. Dass man aufpassen muss, dass nicht ganze Regionen abgehängt werden – Stichwort gleichwertige Lebensverhältnisse. Dass die Kommunen finanziell vor dem Kollaps stehen, dass eine Pleitewelle im Kitabereich droht und dass die Staatsregierung zwar vieles verspricht, aber draußen vor Ort wenig ankommt. Papier ist geduldig, die Bürger verständlicherweise nicht. Für die SPD-Abgeordneten ist das persönliche Gespräch mit den Menschen Alltag. Diesmal aber war die gesamte Fraktion „geballt“ unterwegs. Die Erkenntnisse unserer Tour werden nun ausgewertet und sollen die politische Arbeit der kommenden Monate bestimmen. Aber natürlich lässt sich einiges jetzt schon sagen:
Kitas: Da Bayerns Kindertagesstätten chronisch unterfinanziert sind, steigt die Zahl der Insolvenzen dramatisch an – in der Region Unterfranken rechnet ein großer Träger sogar damit, dass in den kommenden Jahren die Hälfte seiner Einrichtungen in die Knie geht. Folge: Die Betreiber geben die Trägerschaft an die Kommune zurück, die dann einspringen muss. Das kann nicht die Lösung sein. Bayerns Kitas brauchen eine ebenso ausreichende wie verlässliche Finanzierung. Das müssen der Staatsregierung Bayerns Kinder wert sein. Der Betriebskostenzuschuss muss deshalb dauerhaft von 60 auf 90 Prozent steigen – sonst droht eine Pleitewelle.
Kommunen: Die Kommunen stehen vor dem finanziellen Kollaps – selbst reiche Städte haben inzwischen leere Kassen. Der Vorschlag des Ministerpräsidenten, 60 Prozent der Landesmittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur an die Kommunen abzugeben, ist für Städte und Gemeinden ein Schlag ins Gesicht. Wir bleiben bei unserer Forderung nach einer jährlichen Kommunalmilliarde. Das entspricht gut 70 Prozent der Gelder (und damit auch dem prozentualen Anteil, den die Kommunen bei öffentlichen Investitionen haben). Wir als SPD wollen nicht, dass Schwimmbäder schließen müssen, Kinder in maroden Bauten betreut und unterrichtet werden, Straßen und Brücken wegen ihres schlechten Zustands gesperrt werden müssen. Bei der Verteilung der Kommunalmilliarde setzen wir auf eine einfache und trotzdem faire Lösung: nach Einwohnerzahl. Es muss schnell gehen und unkompliziert ablaufen – ohne lähmende Bürokratie. Das ist unser Konzept für zukunftsfähige Kommunen. Der Freistaat muss sich aber auch aus eigenen Mitteln zu seinen Kommunen bekennen, die Lockerung der Schuldenbremse bietet dafür finanzielle Spielräume. Die sollte die Staatsregierung (die ja ohnehin lange gegen eine Lockerung der Schuldenbremse war) nicht einfach für sich nutzen, sondern zusätzlich zur Kommunalmilliarde ein eigenes kommunales Investitionsprogramm aufsetzen. Mit klarer Priorisierung für Kommunen, die besonders dringend Geld benötigen.
Bahn: Die jahrelange Vernachlässigung der Bahn, maßgeblich mitverursacht durch eine lange Riege von CSU-Verkehrsministern, muss endlich aufhören. Plötzliche Streckensperrungen wie auf der Strecke Hersbruck-Pegnitz darf es nicht mehr geben – zumal lange absehbar war, dass an dem Abschnitt dringend etwas getan werden muss. In vielen Landesteilen Bayerns sind Bahnstrecken marode, das muss im Verkehrsministerium endlich ernstgenommen werden. Es bedarf einer klaren Priorisierung. Die gesamte Franken-Sachsen-Magistrale muss endlich in die höchste Dringlichkeit aufgenommen werden, Elektrifizierung inklusive. Zudem sind die Verzögerungen beim Bau des Brenner-Nordzulaufs längst zur Lachnummer geworden – Österreich und Italien haben ihre Hausaufgaben bereits gemacht. Hier muss Bayern anschieben. Die Bahn muss Zukunft haben. Im jetzigen Zustand ist sie kein konkurrenzfähiges Verkehrsmittel.
Wohnen: Der Fördertopf für den Bau bezahlbarer Wohnungen muss sofort so aufgestockt werden, dass der entstandene Stau rasch abgearbeitet werden kann. Es geht um Wohnraum für Menschen, das duldet keinen Aufschub. Die aktuell angekündigte Aufstockung durch Markus Söder ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein – es handelt sich um Geld, das für die Kofinanzierung der aus erhöhten Bundesmitteln geförderten Projekte ohnehin fließen müsste. Das Södersche Wohnungsbauversprechen ist also eine Mogelpackung. Es bleibt weiterhin unklar, wie der Bau bezahlbarer Wohnungen wieder in Schwung kommen kann. Es darf nicht sein, dass Kommunen trotz größter Wohnungsnot baureife Projekte nicht anpacken können, weil der Freistaat sich um seinen Anteil herumschummelt. Aktuell fließen Fördergelder mit erheblicher Verzögerung – oft müssen fünf Jahre zwischenfinanziert oder abgewartet werden.
„Wir sitzen nicht hinter dicken Klostermauern, sondern fahren dorthin, wo die Menschen sind: auf Marktplätze, in Unternehmen, Kitas und Schulen. Unsere Bayerntour war ein voller Erfolg – wir nehmen viele Anregungen und Erkenntnisse mit, die wir nun in den kommenden Monaten abarbeiten.“
„Bayern darf seine Kommunen nicht im Regen stehen lassen. Deren finanzielle Situation ist ernst. Sie dürfen daher nicht mit unzureichenden Söder-Versprechungen abgespeist werden, sondern benötigen eine jährliche Kommunalmilliarde. Und weil die Lockerung der Schuldenbremse finanziellen Spielraum schafft, fordern wir die Staatsregierung auf, zusätzlich ein kommunales Investitionsprogramm aus Landesmitteln aufzulegen. Das müssen uns unsere Kommunen wert sein.“
„Es darf nicht sein, dass immer mehr Kita-Träger in die Knie gehen. Sie erfüllen eine wichtige Aufgabe und benötigen die Mittel dafür. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“