Die plötzliche Ankündigung des Ministerpräsidenten, sich noch vor der Haushaltsdebatte in einer langen Regierungserklärung äußern zu wollen, wird in der SPD mit größtem Erstaunen quittiert. „Das ist mehr als ungewöhnlich“, analysiert der SPD-Fraktionsvorsitzende Holger Grießhammer. „Ganz offenkundig ist Markus Söder in Erklärungsnot geraten, er hat – vor allem beim Familiengeld – die politische Stimmung in Bayern völlig falsch eingeschätzt. Seine Willkür, mal zu geben und dann wieder zu nehmen, ist Gutsherrenart und von seriöser Politik weit entfernt.“
Politischer Instinkt? Nach Ansicht Holger Grießhammers ist das Einfühlungsvermögen Söders in die Lebenssituation der Menschen speziell beim Thema Familiengeld völlig abhanden gekommen. Nun die Eltern dafür zahlen zu lassen, dass der Freistaat jahrelang an der Kita-Finanzierung gespart hat, ist ein „trauriges Indiz dafür, wie viel der Koalition das Familienland Bayern wert ist: nämlich leider zu wenig.“ Der Vorstand der SPD-Landtagsfraktion diskutierte das Thema bei einer eintägigen Klausur. Grießhammer: „Die Eltern haben nichts von diesem Basta-Kurs, und ob die Kitas profitieren, wage ich zumindest zu bezweifeln. Und das alles nur, um der Öffentlichkeit eine schwarze Null verkaufen zu können.“ Direktzahlungen an die Eltern und eine auskömmliche Kita-Finanzierung sind keine Gegenpole, sondern zwei Seiten derselben Medaille.
Es gibt noch weitere Verlierer der schwarzen Null: die Kommunen, die zwar auf dem Papier sehr viel Geld bekommen. Aber eben nur das, was die Bundesregierung maßgeblich auf SPD-Initiative hin beschlossen hat: die Milliarden aus dem Sondervermögen. Den Eigenbeitrag hat sich der Freistaat gespart – sonst wäre die schwarze Null nicht möglich gewesen. Dieses Geld fehlt nun den Kommunen, die schon längst die Fülle ihrer Aufgaben nicht mehr erfüllen können. „Der Bund zahlt, der Freistaat spart“, so Grießhammer. Hätte die Söder-Regierung die Spielräume ausgeschöpft, die ihnen die Bundesregierung mit der Lockerung der Schuldenbremse ermöglicht hat, wäre eine spürbare Entlastung der Kommunen möglich gewesen. Besonders bemerkenswert ist die Haltung der Freien Wähler, die mit aller Kraft versucht haben, das Sondervermögen zu verhindern und sogar nahe am Koalitionsbruch waren. Nun aber sind sie gerne dabei, wenn es darum geht, mit dem Geld den eigenen Haushalt aufzubessern.
Die SPD ist gespannt, wie sich Markus Söder bei der Regierungserklärung am kommenden Dienstag aus seiner finanzpolitischen Sackgasse hinausmanövrieren will.