Wenn wir lesen, bekommen wir eine bessere Welt

21. Juli 2014

Talk im Max: Kulturpolitische Sprecherin Isabell Zacharias diskutierte mit Fachleuten über den Stellenwert des Jugendbuchs - Gut dotierte Literaturpreise für Jugendbücher gefordert

Jugendliteratur boomt. Kinder, Jugendliche und Erwachsene verschlingen Bücher wie Harry Potter oder die Tintentrilogie, die Verlage feiern Auflagen in Millionenhöhe. Doch die Mehrheit der Kinderbuchautoren kann vom Schreiben nicht leben.

Dass das Jugendbuch jenseits der Beststellerlisten besser gefördert werden sollte, unterstrichen die Podiumsteilnehmer beim Talk im Max der SPD-Landtagsfraktion im Senatssaal unter Leitung der kulturpolitischen Sprecherin Isabell Zacharias. Sie sprach sich dafür aus, weitere Literaturpreise für Jugendbücher zu schaffen und Kindern das Lesen unter anderem auch mit Autorenveranstaltungen schmackhaft zu machen. „Wir brauchen hoch dotierte Preise – was nichts kostet, ist auch nichts wert“, sagte die Münchner Abgeordnete.

Talk im Max zum Kinderbuch
Download: Foto in hoher Auflösung (Abdruck kostenfrei)

Diskutierten im Senatssaal des Bayerischen Landtags: Buchhändlerin Katrin Rüger, Schülerin Paula Schindler, die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Isabell Zacharias, BR-Journalist Nikolaus Nützel, die Leiterin der Würzburger Stadtbücherei, Anja Flicker, und Christine Paxmann, Herausgeberin von "Eselsohr" Foto: SPD-Landtagsfraktion

Über 8000 Kinderbücher erscheinen jährlich in Deutschland, der Buchhhandel erwirtschaftet 15 Prozent seines Umsatzes mit dem Verkauf von Kinderbüchern. Pro Buch bleibt etwa ein Euro für den Autor, eine Auflage von 3000 Stück gilt bereits als Erfolg. Fast alle Jugendbuchautoren haben daher einen anderen Beruf, wie der BR-Journalist Nikolaus Nützel, Autor von „Mein Opa, sein Holzbein und der große Krieg“. Nützel appellierte an die Verlage, weniger Bücher, aber dafür bessere, herauszubringen. Der Journalist sucht auch den Kontakt mit seiner jugendlichen Zielgruppe und holte sich bereits Anregungen für weitere Werke bei den Münchner „Bücherfressern“, die bei Talk im Max von der 16-jährigen Paula Schindler vertreten wurden. Die Jugendlichen der Gruppe lesen laut Schindler pro Woche etwa zwei Bücher, tauschen sich in regelmäßigen Treffen darüber aus, halten Kontakt mit Autoren und Verlagen. Schindler selbst ist Mitglied in der Jury des Jugendliteraturpreises. Als Vielleserin sieht sie sich jedoch in einer Minderheit unter den Jugendlichen. Buchhändlerin Katrin Rüger warb auch um Erwachsene als Zielgruppe für Jugendbücher: "Wenn Sie Ihr Kind verstehen wollen, lesen sie lieber mal ein Jugendbuch als einen Erziehungsratgeber."

Christine Paxmann, Herausgeberin von „Eselsohr“, einer Fachzeitschrift für Kinder- und Jugendmedien, kämpft für ein besseres Standing des Jugendbuchs und will dafür auch schon die ganz jungen Leser gewinnen. Wie das erfolgreich umgesetzt werden kann, schilderte Anja Flicker, Leiterin der Würzburger Stadtbücherei und deutsche Vertreterin im INELI-Netzwerk der Bill & Melinda Gates Foundation: Mit Leseprojekten für Grundschulklassen und einer engen Zusammenarbeit der Bibliothekare mit den Schulen. Die Bill- und Melinda-Gates-Stiftung unterstützt ein Programm für Bibliotheksinnovationen mit 27 Teilnehmern aus 23 Ländern. Ziel ist es, eine Grundversorgung mit Büchern für alle Menschen zu erreichen. Netzwerke sollen Ideen entwickeln, wie dies gelingen kann. Flicker ist überzeugt: „Lesen ist ein Wert an sich und: Wenn wir lesen, bekommen wir eine bessere Welt.“ Hier traf sie sich inhaltlich mit Gastgeberin Isabell Zacharias, die bei allen Diskussionen rund um den Markt feststellte: „Ich wünsche mir, dass Kinderbücher in erster Linie für das Herz geschrieben und nicht für den Markt produziert werden.“

Teilen