Ausbau von Ganztagsschulen: Ohne Rechtsanspruch tut sich in Bayern nichts

11. Juli 2016

SPD-Gesetzentwurf morgen im Plenum - Anfrage ergibt: Stagnation bei Gymnasien

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Simone Strohmayr, weist vor der zweiten Lesung des SPD-Gesetzentwurfs zur Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz morgen (12. Juli) im Plenum des Bayerischen Landtags auf den gravierenden Mangel an gebundenen Ganztagsangeboten in Bayern hin. „Der Ausbau von Ganztagsangeboten stagniert oder geht sogar zurück. Ich bin sicher: Nur mit einem Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz bekommen Familien in Bayern qualitativ hochwertige Ganztagsangebote in ausreichender Zahl“, erklärt Strohmayr. Die Bildungspolitikerin befürchtet aber: „Die Staatsregierung bewegt sich hier leider nicht, und so bleibt es bei einem Flickenteppich aus einigen wenigen echten Ganztagsschulen, Nachmittagsbetreuung, Horten und privaten Lösungen.“ Gesetzentwurf Rechtsanspruch auf Ganztag (PDF, 290 kB)

Die Antwort des Kultusministeriums auf eine aktuelle Anfrage von Strohmayr zu Ganztagsschulen in Bayern offenbart: Am Gymnasium stagniert der Ausbau: Nur 1,5 Prozent der Schülerinnen und Schüler an staatlichen Gymnasien besuchten im Schuljahr 2015/16 eine gebundene Ganztagsklasse - genauso viele wie bereits im Vorjahr 2014/15.

Die Zahlen der Anfrage zeigen im Einzelnen, wie schleppend der Ausbau der Ganztagsklassen an den verschiedenen Schularten vorangeht:

Anteil Schüler in gebundenen Ganztagsklassen an staatlichen Grundschulen in Bayern 2015/16: Bayern: 6,1 Prozent (Vorjahr 5,7 Prozent) Anteil der Schüler in gebundenen Ganztagsklassen an staatlichen Mittelschulen in Bayern 2015/16: Bayern: 17,8 Prozent (Vorjahr 17,6 Prozent) Anteil der Schüler in gebundenen Ganztagsklassen an staatlichen Gymnasien in Bayern 2015/16: Bayern: 1,5 Prozent (Vorjahr 1,5 Prozent) Anteil der Schüler in gebundenen Ganztagsklassen an staatlichen Realschulen in Bayern 2015/16: Bayern: 1,3 Prozent (Vorjahr: 1,1 Prozent)

Simone Strohmayr: „Der gymnasiale Bereich befindet sich wirklich noch im Dornröschenschlaf. Aber auch bei den anderen Schularten sieht es nicht viel besser aus.“ Ein Blick auf die Zahlen macht auch deutlich: In 65 Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es an den staatlichen Realschulen noch kein Ganztagsangebot. Bei den Gymnasien besteht in 57 Landkreisen und kreisfreien Städten kein entsprechendes Ganztagsangebot.

Bei der Förderinfrastruktur existieren regional große Unterschiede: So besuchten im Schuljahr 2015/16 in Ingolstadt (Regierungsbezirk Oberbayern) 20,4 Prozent der Grundschüler eine Ganztagsklasse, in Mühldorf am Inn und in Nürnberg waren es lediglich 1,4 Prozent. In Tirschenreuth oder Weilheim-Schongau wird bisher an Grundschulen gar kein Angebot gemacht.

In Oberfranken ging die Zahl der Grundschüler im gebundenen Ganztag zurück, von 4,8 Prozent im Schuljahr 2014/15 auf 4,6 Prozent im Schuljahr 2015/16. Auch in vielen Landkreisen und kreisfreien Städten sank die Zahl der Grundschüler im Ganztag, beispielsweise in Rosenheim von 8,5 auf 7,9 Prozent. Im Landkreis Hof ging die Zahl der Gymnasiasten, die eine Ganztagsklasse besuchen, von 7,1 Prozent im Schuljahr 2014/15 auf 6,6 Prozent in 2015/16 zurück, in Erlangen von 3,4 auf 2,4 Prozent.

Anfrage zu Ganztagsschulen 2016 (PDF, 265 kB)

Tabellen zu Ganztagsschulausbau (PDF, 105 kB)

Anfrage zu Ganztagsschulen 2015 (PDF, 125 kB)

Der Ausbau von Ganztagsschulen in Bayern ist für Strohmayr ein Gebot der Gerechtigkeit: Laut einer Studie des Deutschen Kinderhilfswerks sind drei Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland von Armut betroffen. Sie brauchen mehr Bildungschancen und vor allem mehr Ganztags- und Ferienbetreuung. „Doch genau in diesem Punkt hinkt der Freistaat hinterher. Was die Förderinfrastruktur angeht, belegt Bayern bundesweit bisher einen der hinteren Ränge“, erklärt die Augsburger Abgeordnete.

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