Christinnentag 2016: „Da geht noch was!“ - Geballte Frauenpower im Bayerischen Landtag

Christinnentag 2016: „Da geht noch was!“ - Geballte Frauenpower im Bayerischen Landtag

15. Oktober 2016

Gleichstellung: Das Thema hat es in sich und mobilisiert kirchlich und politisch aktive Christinnen aus Bayern beim Christinnentag der SPD-Landtagsfraktion. Kirchengemeinden waren ebenso vertreten wie Kommunen, Diakonie, evangelische und katholische Frauenverbände und -organisationen sowie Gleichstellungsbeauftragte.

Über Gleichstellung spricht man nicht, man lebt sie. Schön wär’s! Die Wirklichkeit sieht leider auch heute noch anders aus. Die Arbeitsgruppen Kirche und Frauen der SPD-Landtagsfraktion haben das bevorstehende Reformationsjubiläum zum Anlass genommen, Gleichstellung in Politik und Kirche auf den Prüfstand zu stellen. „’Wir werden allesamt durch die Taufe zu Priestern’, hat Martin Luther gesagt. Aber tatsächlich sind Frauen in den Kirchen den Männern immer noch nicht gleichgestellt, ebenso wenig wie in der Politik. Zu wenig Frauen in leitenden Ämtern, zu wenig passende Stellenangebote für Frauen und Mütter – und ein immer höherer Erwartungsdruck. Das muss sich ändern“, sagte Diana Stachowitz, MdL. Die kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion hatte den „Christinnentag“ gemeinsam mit ihrer Kollegin Kathi Petersen, MdL und dem Landesverband Bayern des Deutschen Evangelischen Frauenbunds angestoßen.

Christinnentag - Frauschaftsfoto
v.l. Kathi Petersen, MdL, kirchenpolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion, Dr. Elfriede Schießleder, Vorsitzende des Katholischen Frauenbundes Bayern, Pfarrerin Hella Mahler, Gleichstellungsbeaufragte der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover, stv. Bundesvorsitzende des Deutschen Evangelischen Frauenbundes, Diana Stachowitz, MdL, kirchenpolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion, Dr. Simone Strohmayr, MdL, stv. Fraktionsvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion
Download: Foto in hoher Auflösung (Nutzung kostenfrei)

Mitveranstalterin Dr. Simone Strohmayr, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, ergänzte, Bayern habe gegenüber anderen Bundesländern erheblichen Nachholbedarf, was gleiche Arbeitsbedingungen und gleiche Karrierechancen für Frauen und Mütter angehe. „Frauen in Führungspositionen haben deshalb bei uns meistens keine Kinder“, erklärte sie. Die Folgen fehlender Gleichstellung sind dramatisch: Im Hinblick auf Altersarmut, drohende Armut von Alleinerziehenden und die „Teilzeit-Falle“ sind Frauen überdurchschnittlich gefährdet.

Christinnentag - Simone
Dr. Simone Strohmayr, MdL, stv. Fraktionsvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion
Download: Foto in hoher Auflösung (Nutzung kostenfrei)

„Gleichstellung ist keine zusätzliche Arbeit, sie ist eine Querschnittsaufgabe – in unserer Gesellschaft und in der Kirche“, betonte Hella Mahler, Gleichstellungsbeauftragte der Evangelischen Landeskirche Hannover und 2. Vorsitzende des Evangelischen Frauenbundes. Wenn die Frauen in der Mehrheit seien, dann müsse der Anteil der Verantwortlichen dieser Mehrheit entsprechen, sagte Mahler und lieferte auch gleich die biblische Erklärung dazu: Frauen und Männer seien beide Gottes Abbild, unterschiedlich, aber gleich gestellt. „Gendergerechtigkeit ist biblisch begründet. Und sie ist einer der Wege, die zu mehr Frieden in der Gesellschaft führen“, sagte sie.

Christinnentag - Diana
v.l. Diana Stachowitz, MdL, kirchenpolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion, Pfarrerin Hella Mahler, Gleichstellungsbeaufragte der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover, stv. Bundesvorsitzende des Deutschen Evangelischen Frauenbundes
Download: Foto in hoher Auflösung (Nutzung kostenfrei)

Elfriede Schießleder, Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes Bayern, unterstrich die Notwendigkeit von Strukturveränderungen, damit Frauen ihre beruflichen und privaten Aufgaben vereinbaren können. „Das gilt in der Kirche wie in der Politik, in der Wirtschaft und sogar im Sport“, ergänzte Diana Stachowitz. „Solange Frauen die Hauptverantwortung für Familie tragen, werden sie in punkto Beruf, Karriere und Ehrenämter immer zurückstecken. Hier muss sich das Rollenbild von Frauen und Männern in unserer Gesellschaft ändern. Gleichstellung ist Mainstream und darf kein Nischendasein führen.“ In diesem Zusammenhang gab die Kirchenpolitikerin ihrer Hoffnung Ausdruck, dass in der Evangelischen Landeskirche in Bayern die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten bald wieder ausgeschrieben werde. Das Thema Gleichstellung von Frauen und Männern müsse auch in der Kirche weiterhin Vorrang haben. „Wir brauchen in Bayern schnell wieder eine Gleichstellungsbeauftragte, die diesen christlichen Auftrag weiterhin konsequent umsetzt.“

Christinnentag - Kathi
v.l. Dr. Elfriede Schießleder, Vorsitzende des Katholischen Frauenbundes Bayern, Kathi Petersen, MdL, kirchenpolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion, Diana Stachowitz, MdL, kirchenpolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion
Download: Foto in hoher Auflösung (Nutzung kostenfrei)

Die Frauen auf dem Christinnentag waren sich einig: Um der Gefahr einer gesellschaftlichen „Rolle rückwärts“ bezüglich der Gleichstellung von Frauen und Männern zu begegnen, muss der Begriff der Frauenquote positiv gefüllt werden. Quotenfrauen seien in der Position, weil sie etwas können und Macht positiv gestalten, betonte Hella Mahler. Dadurch seien sie nicht „zweite Wahl“, sondern Vorreiterinnen einer ganzen Generation selbstbewusster Frauen, die ihre Rollenvielfalt gleichberechtigt leben und teilen.

Solche Vorreiterinnen hat es immer gegeben, nur sind sie in der männlich geprägten Geschichte leider oft in Vergessenheit geraten. An streitbare Vorreiterinnen für die Gleichberechtigung in der Reformation erinnert die Wanderausstellung „Frauen in der Reformation“, die derzeit durch Bayern tourt und am Christinnentag im Landtag zu sehen war. Aber auch unsere jüngere Geschichte hat ihre starken Vorbildfrauen: Ellen Ammann z.B., Gründerin des Katholischen Deutschen Frauenbundes und vehemente Gegnerin des aufkommenden Nationalsozialismus.

Christinnen @ Work
Download: Foto in hoher Auflösung (Nutzung kostenfrei)*

„Gendergerechtigkeit ist nicht nur christlich, sie ist ökumenisch. Wenn und dass evangelische und katholische Frauen Seite an Seite für ihre Rechte streiten, das ist alleine schon ein ökumenischer Erfolg”, resümierte Diana Stachowitz am Ende des Christinnentages, der neben Information und Gedankenaustausch auch eine vielseitige Plattform für Netzwerke und neue Kontakte geboten hat.

Teilen