Barrierefreies Bayern: Gesundheitspolitische Initiativen der BayernSPD-Landtagsfraktion

31. Dezember 2016

Barrierefreiheit in bayerischen Krankenhäusern voranbringen | Barrierefreiheit in Arztpraxen realisieren | Verbesserung der beruflichen Situation von Menschen mit einer psychischen Behinderung | Familien von Kindern mit chronischen und seltenen Erkrankungen oder Behinderungen besser unterstützen

In seiner Regierungserklärung vom 12. November 2013 hatte Ministerpräsident Seehofer angekündigt, dass Bayern in zehn Jahren komplett barrierefrei sein werde und zwar im gesamten öffentlichen Raum. Fachleute zeigten sich zwar erfreut über die Ankündigung des Ministerpräsidenten, fragen sich aber nach wie vor, wie dieses äußerst anspruchsvolle Ziel so kurzfristig erreicht werden kann.

Die SPD-Landtagsfraktion hat im März 2014 genau nachgefragt und in einer großen schriftlichen Anfrage von der Staatsregierung Aufklärung über den Stand der Barrierefreiheit und ihre Umsetzungspläne verlangt. Wie sich zeigte, weiß die Staatsregierung in vielen Bereichen überhaupt nicht über den Umsetzungsstand Bescheid oder sie hat keine konkreten Konzepte für die Realisierung.

Bayern barrierefrei 2025 - Antworten der Staatsregierung auf die Interpellation der BayernSPD-Landtagsfraktion

Dies gilt auch für den Gesundheitsbereich: Die Bayerische Staatsregierung hat keine umfassenden und belastbaren Informationen über die Barrierefreiheit von Krankenhäusern, Pflegeheimen und Arztpraxen. Und sie hat auch keine konkreten Vorstellungen und Konzepte zur Realisierung von Barrierefreiheit in den Einrichtungen des Gesundheitswesens.

Die SPD-Gesundheitspolitikerinnen haben dies zum Anlass genommen, mit einer Reihe parlamentarischer Initiativen im Bayerischen Landtag mehr Engagement von der Staatsregierung einzufordern.

Barrierefreiheit und (Gesundheits-)Politik für Menschen mit Behinderung

Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet Deutschland zu Maßnahmen für den Abbau von Barrieren in sowie einen barrierefreien Zugang zu allen medizinischen Einrichtungen. Derzeit ist das Prinzip der Barrierefreiheit in bayerischen Krankenhäusern noch nicht im ganzheitlichen Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt. Zwar verfügen annähernd 100 Prozent der Einrichtungen über einen stufenlosen Zugang und Aufzug sowie über eine ausreichende Anzahl an barrierefreien Toiletten im öffentlichen Raum.

Das Prinzip der Barrierefreiheit muss allerdings für alle Formen von körperlichen Einschränkungen (Sinnesbehinderungen, kognitive Einschränkungen) realisiert werden. Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, gemeinsam mit der Bayerischen Krankenhausgesellschaft e.V. einen Kriterienkatalog und eine darauf basierende Zertifizierung zur Umsetzung der Barrierefreiheit an bayerischen Krankenhäusern zu entwerfen. Unsere Initiativen wurden von der Mehrheitsfraktion mit der Begründung abgelehnt, dass es Aufgabe der Krankenhausträger sei, für einen barrierefreien Zugang zum Krankenhaus zu sorgen.

Unsere Initiativen:

Der Anspruch gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention auf einen barrierefreien Zugang zu den Praxen niedergelassener Ärztinnen und Ärzte ist in Bayern noch nicht annähernd flächendeckend realisiert, wie eine Sonderauswertung im Teilhabebericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2013 zeigt. Nur etwa ein Drittel der Arztpraxen in Bayern können als „rollstuhlgerecht“ bezeichnet werden.

Wir haben die Staatsregierung daher mit einem Antrag aufgefordert, gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern ein Gütesiegel für barrierefreie Arztpraxen zu entwickeln, das in einem kriterienbasierten Zertifizierungsverfahren vergeben wird. Um einen finanziellen Anreiz für die Zertifizierung zu schaffen, sollen die Kosten für das Zertifizierungsverfahren vom Freistaat übernommen werden. Unseren Antrag, der in abgeänderter Fassung einstimmig angenommen wurde:

Die Beschäftigungsrate von Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt ist sehr gering. Das Prinzip von „Unterstützter Beschäftigung“ (Supported Employment), das sich in der beruflichen Rehabilitation schwer psychisch Kranker in zahlreichen internationalen Studien als effektiv und traditionellen Ansätzen gegenüber überlegen erwiesen hat, wird noch nicht in dem Maße umgesetzt, wie man es aufgrund dieser Forschungsergebnisse erwarten dürfte. Wir fordern die Staatsregierung daher auf, den Ansatz von „Unterstützter Beschäftigung“ stärker zu fördern und umzusetzen.
Unser Antrag wurde von der Regierungsfraktion mit dem Argument abgelehnt, dass man erst die Ergebnisse von bereits laufenden Maßnahmen abwarten müsse.

Familien mit chronisch kranken Kindern sind gegenüber anderen Familien stärker belastet, gesundheitlich und sozial benachteiligt, finanziell und wirtschaftlich schlechter gestellt. Bei Familien mit behinderten Kindern ist dies noch ausgeprägter der Fall. Die überwiegende Mehrzahl der betroffenen Familien vermisst einen verlässlichen und kundigen Lotsen, der sie durch das nicht immer einfach zu verstehende Gesundheitssystem lotst.
Wir wollen dies ändern und fordern die Bayerische Staatsregierung auf, Angebote zur Familienentlastung und Leistungen zur Frühförderung für Kinder mit chronischen und seltenen Erkrankungen sowie Kindern mit Behinderung bekannter zu machen und diese Unterstützungsangebote zu stärken.
Von der Mehrheitsfraktion wurden unsere Initiativen mit dem Argument abgelehnt, dass es bereits umfassende Hilfsstrukturen gebe und diese auch schon bekannt seien.

Anträge der BayernSPD-Landtagsfraktion:

Antwort der Staatsregierung auf unsere aktuelle parlamentarische Anfrage zur (Gesundheits-)Politik für Menschen mit Behinderung

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