1. Todestag: BayernSPD-Landtagsfraktion erinnert an Max Mannheimer

1. Todestag: BayernSPD-Landtagsfraktion erinnert an Max Mannheimer

24. September 2017

Zahlreiche Gäste aus Politik und Gesellschaft besuchen die Matinée zu Ehren des im letzten Jahr verstorbenen Mahners und Versöhners, der den Holocaust überlebt hatte - „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“

Die Matinée zu Ehren des am 23. September 2016 verstorbenen Max Mannheimer stand ganz im Zeichen der zeitgleich stattfindenden Bundestagswahl und dem wahrscheinlichen Einzug der AfD in das Berliner Parlament. So sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher in seiner Begrüßung: "Die AfD ist eine Partei, deren Spitzenpersonal eine 180-Grad-Wende in der deutschen Erinnerungskultur fordert, die das Holocaust-Mahnmal in Berlin als Mahnmal der Schande bezeichnet und damit das Andenken an die Opfer der Shoa beschmutzt. Eine Partei, die mit einem Programm antritt, das in Teilen verfassungswidrig und in weiten Bereichen regelrecht menschenfeindlich ist. Der Einzug der AfD in den deutschen Bundestag wäre ein weiterer Schritt einer Entwicklung, die mich mit großer Sorge erfüllt."

Markus Rinderspacher am Rednerpult
Markus Rinderspacher am Rednerpult
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Auch die beiden anschließenden Redner Natascha Kohnen, Landesvorsitzende der BayernSPD, und Prof. Peter Paul Gantzer, Alterspräsident des Bayerischen Landtags, gingen auf die AfD ein. Kohnen bezeichnete die Bundestagswahl als politische Zäsur in der jüngeren Geschichte Deutschlands. Neben der Kritik an der AfD ging es Gantzer aber auch um den Menschen Mannheimer. Der 78-Jährige SPD-Abgeordnete lernte Mannheimer 1978 kennen, die beiden Autonarren waren bis zuletzt eng befreundet und Gantzer schätzte an ihm vor allem seinen Humor.

Prof. Peter-Paul Gantzer und Natascha Kohnen
Prof. Peter-Paul Gantzer und Natascha Kohnen
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In der anschließenden Gesprächsrunde wurde es dann wieder sehr politisch. BR-Reporterin Heidi Wolf versuchte gemeinsam mit dem Oberbürgermeister von Dachau, Florian Hartmann, der Leiterin des Max Mannheimer Studienzentrums Dachau, Nina Ritz, sowie dem Leiter der Dokumentation Obersalzberg, Dr. Axel Drecoll, der Frage auf den Grund zu gehen, wie es zum Erstarken der Rechtspopulisten kommen konnte. Hartmann, der als Oberbürgermeister der KZ-Stadt Dachau jeden Tag mit der Vergangenheit Deutschlands konfrontiert wird, ist der Meinung, dass die Gesellschaft viel öfter klar Stellung beziehen müsse, rechtsradikale Strömungen dürfe man nicht totschweigen. Der junge OB berichtet, wie Dachau mit verschiedenen Projekten versucht, die Erinnerung an die NS-Zeit lebendig zu halten.

V.l.: Florian Hartmann (Oberbürgermeister von Dachau), Heidi Wolf (Bayerischer Rundfunk), Nina Ritz (Leiterin des Max Mannheimer Studienzentrums Dachau), Dr. Axel Drecoll (Institut für Zeitgeschichte, Leiter der Dokumentation Obersalzberg)
V.l.: Florian Hartmann (Oberbürgermeister von Dachau), Heidi Wolf (Bayerischer Rundfunk), Nina Ritz (Leiterin des Max Mannheimer Studienzentrums Dachau), Dr. Axel Drecoll (Institut für Zeitgeschichte, Leiter der Dokumentation Obersalzberg)
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Ritz weiß zu berichten, dass die Jugendlichen in ihrem Studienzentrum fast alle ein reges Interesse an dem Thema zeigen. Man müsse sie halt nur dazu bringen, sich mit dem Nationalsozialismus auch auseinanderzusetzen. Über Mannheimer, der als Zeitzeuge für das Studienzentrum tätig war, sagte sie: "Er hat mit tausenden Jugendlichen Gespräche geführt und hat auch nie die Auseinandersetzung mit Neonazis gescheut. Diese Lücke kann man natürlich nicht füllen."

Dr. Drecoll glaubt, dass unsere Gesellschaft in den letzten Jahren zu nachlässig mit der Erinnerungskultur umgegangen ist: "Ich habe den Eindruck, dass sich Neonazis heute leichter tun, ihr Gedankengut nach außen hin zu formulieren. Auch aus der Mitte der Gesellschaft kommen seit fünf, sechs Jahren rechtsradikale Bemerkungen und Strömungen." Die Dokumentation Obersalzberg werde in den letzten Jahren auch vermehrt von Neonazis besucht, so Drecoll.

Dr. Axel Drecoll
Dr. Axel Drecoll
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Wie ernst die Lage für unsere Demokratie ist, wird deutlich als der SPD-Abgeordnete Georg Rosenthal in seinem Schlusswort einige rechtsradikale Äußerungen von AfD-Politikern zitiert. Rosenthal ist sich aber sicher "dass wir die Situation mit demokratischen Mitteln meistern werden". Zum Abschluss der überaus gelungenen Veranstaltung zitiert der ehemalige Würzburger Oberbürgermeister Mannheimer mit einer Redewendung, die an diesem Wahltag so aktuell ist wie nie: „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“

Georg Rosenthal mit den beiden Urenkeln Mannheimers Samuel und Noah
Georg Rosenthal mit den beiden Urenkeln Mannheimers Samuel und Noah
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Zu den Gästen gehörten unter anderem: Eva Faessler, die Tochter von Max Mannheime und ihr Mann Prof. Martin Faessler, die Enkelkinder Cornelia Faessler und Andreas Faessler mit seiner Frau Nadine sowie Judith Faessler mit ihrem Mann Keyvan, die Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern Dr. Charlotte Knobloch, der Spitzenkandidat der BayernSPD zur Bundestagswahl Florian Pronold, die SPD-Abgeordneten Martin Güll, Doris Rauscher, Isabell Zacharias, der Vorsitzenden der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten Karl Freller, die Vorsitzende der Weiße Rose-Stiftung Dr. Hildegard Kronawitter, die Sprecherin des Vereins „Gegen Vergessen. Für Demokratie“ in München Ilse Macek, die Bürgermeisterin Mannheimers Heimatgemeinde Haar Gabriele Müller und ihr Vorgänger Helmut Dworzak, Bürgermeister Albert Hingerl aus Poing, die Präsidentin des BLLV Simone Fleischmann, das Vorstandsmitglied des Landeselternverbands bayerischer Realschulen Thomas Stachel, der Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Bayern Peter Schimpf, die Vorsitzende der Bayerischen Jusos Stefanie Krammer, die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen AsF Micky Wenngatz sowie die Landesvorsitzende der ASJ Arbeitsgemeinschaft der sozialdemokratischen Juristinnen und Juristen Katja Weitzel.

Weiter Fotos von der Veranstaltung finden Sie hier

Einen Bericht vom Max Mannheimer Studienzentrum Dachau über die Veranstaltung finden Sie hier.

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