"Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht"

"Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht"

11. Oktober 2017

Lesung im bayerischen Landtag: Erinnerung an die SPD-Abgeordneten, die gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt haben

Am 23. März 1933 beschließt der Reichstag das Ermächtigungsgesetz, mit dem die gesetzgebende Gewalt faktisch vollständig an Adolf Hitler überging. Das Gesetz wird mit sämtlichen Stimmen verabschiedet, einzig die SPD-Abgeordneten stimmen dagegen. Der SPD-Vorsitzende Otto Wels hält eine flammende Rede und erklärt: "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht". Das Datum der Abstimmung steht in jedem demokratischen Gedenkkalender, doch die Namen der SPD-Abgeordneten kennen nur wenige. Ihr Leben nach 1933 ist so gut wie unbekannt. Der bekannte Historiker Prof. Dr. Klaus Schönhoven hat in seinem jüngsten Buch "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht" endlich diesen Demokratinnen und Demokraten der Weimarer Republik ein Denkmal gesetzt und hat am Mittwoch (11. Oktober) sein Buch im Landtag vorgestellt.

Prof. Dr. Klaus Schönhoven
Prof. Dr. Klaus Schönhoven
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Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion Volkmar Halbleib geht in seiner Begrüßung auf die AfD ein. Durch das Erstarken der Rechtspopulisten gebe es mehr denn je eine historische Verpflichtung, an die Frauen und Männer zu erinnern, die damals die Flagge der Demokratie hoch gehalten hätten, so Halbleib.

Volkmar Halbleib
Volkmar Halbleib
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In seiner sehr lebhaften und anschaulichen Rede machte Prof. Schönhoven danach die damaligen Ereignisse für das Publikum greifbar. Im Publikum herrscht absolute Stille, als der renommierte Wissenschaftler die Anfeindungen, Demütigungen und Bestrafungen beschreibt, die die SPD-Abgeordneten nach der Abstimmung ausgesetzt waren. Sie wurden durch die Straßen getrieben, ihre Häuser wurden angezündet und sie landeten im KZ. Sie wurden kriminalisiert, Tag und Nacht überwacht, zwei Drittel von ihnen mindestens einmal verhaftet, 23 gezielt ermordet, drei wählten den Freitod, 40 emigrierten. "Mit dem Nein haben die 94 Abgeordneten die Demokratie verteidigt und haben gleichzeitig ihr Leben aufs Spiel gesetzt", fasst Schönhoven zusammen und ergänzt: "Neben der Diktaturerinnerung sollte man auch die Demokratieerinnerung nicht vergessen, denn diese ist genauso wichtig für unsere Zukunft." In diesem Zusammenhang geht auch Schönhoven auf die AfD ein und wiederholt einige Zitate von AfD-Politikern ("Wir werden sie jagen", "Wir holen uns unser Land zurück"): "Das ist die Sprache von Unmenschen, genau die gleiche Sprache, die damals die Nazis verwendet haben!"

V.l.: Georg Rosenthal, Prof. Dr. Klaus Schönhoven, Volkmar Halbleib
V.l.: Georg Rosenthal, Prof. Dr. Klaus Schönhoven, Volkmar Halbleib
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In seinen Schlussworten würdigt der SPD-Abgeordnete und Europapolitische Sprecher, Georg Rosenthal, Schönhovens Buch als wichtiges Denkmal, welches eine Lücke geschlossen habe: "Das Buch ist für eine demokratische Gesellschaft unabdingbar. Denn die Demokratieerinnerung ist die Flamme die weiter getragen werden muss. Durch sie wird unser Blick geschärft für antidemokratische Entwicklungen in unserer heutigen Gesellschaft." Und auch Rosenthal kommt auf die AfD zu sprechen. Die Partei sei eine Bewährungsprobe für alle Demokratinnen und Demokraten, man müsse die Rechtspopulisten im Parlament stellen.

Georg Rosenthal
Georg Rosenthal
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Die Original-Rede des damaligen SPD-Vorsitzenden Otto Wels zur Ablehnung des Ermächtigunsgesetzes können Sie hier anhören.

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