Bayerische Verfassungsklage der SPD gegen das Polizeiaufgabengesetz eingereicht

Bayerische Verfassungsklage der SPD gegen das Polizeiaufgabengesetz eingereicht

05. September 2018

Natascha Kohnen: „Wir wollen unseren Freistaat verteidigen“ - Gesetz beschneidet die Grundrechte unbescholtener Bürger

Die SPD-Landtagsfraktion hat heute die Klageschrift gegen das Polizeiaufgabengesetz (PAG) beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht. Natascha Kohnen betont: "Die CSU hat das Polizeiaufgabengesetz ohne Rücksicht auf berechtigte Kritik durchs Parlament gepeitscht. Das Gesetz beschneidet die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in einer unerträglichen Weise. Ich bin überzeugt, dass es einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhält. Bei unserer Klage geht es darum, den Freistaat und seine Bürgerrechte zu verteidigen.“

Die SPD-Abgeordnete kritisiert: „Völlig unbescholtene Bürgerinnen und Bürger werden durch dieses Gesetz in ihren Grundrechten eingeschränkt. Und das ohne ein Mehr an Sicherheit. Die bayerischen Polizisten brauchen keine neuen Gesetze, sie brauchen mehr Kolleginnen und Kollegen im täglichen Dienst. Fast jede zehnte Stelle bei der Polizei ist derzeit nicht besetzt. Bei unseren Polizistinnen und Polizisten sind 2,1 Millionen Überstunden aufgelaufen. Diese Probleme müssen wir angehen.“

Der bundesweit renommierte Polizeirechtler Prof. Dr. Mark A. Zöller von der Universität Trier wird die SPD-Fraktion als Prozessbeauftragter vertreten. Er hat auf 167 Seiten zusammengetragen, was dieses Gesetz verfassungswidrig macht. Nach seiner Expertise schafft das PAG erhebliche Erweiterungen bei den Eingriffsbefugnissen der Polizei, die weit über den Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen hinausgehen. Neben einer Klage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof werden Vertreter der SPD-Landtagsfraktion auch vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Einreichung der bayerischen Klage gegen das PAG: Natascha Kohnen und Prof. Dr. Mark A. Zöller.
Einreichung der bayerischen Klage gegen das PAG: Natascha Kohnen und Prof. Dr. Mark A. Zöller.
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Im Mittelpunkt der SPD-Klagen steht der völlig unzureichend definierte Begriff der „drohenden Gefahr“, auf den sich viele Detailregelungen des Gesetzes beziehen. Zöller sieht das Gesetz als Zumutung auch für die Beamtinnen und Beamten in ihrem täglichen Dienst. „Mit so einer schwammigen Rechtsgrundlage sollen die Polizisten alleine gelassen werden? Das ist eine Zumutung. Dadurch verstößt das PAG klar gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot“, kritisiert der Jurist.

Die Defizite des neuen Gesetzes gehen aber noch weit darüber hinaus. Zahlreiche Regelungen des PAG beschneiden Grundrechte in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise. Das betrifft zum Beispiel den Schutz des privaten Lebensbereichs, wie der Wohnung, des Telekommunikationsgeheimnisses, des Rechts auf Freizügigkeit und den effektiven Rechtsschutz durch unabhängige Gerichte. Außerdem wird die Schwelle, ab der die Polizei tätig werden darf, nahezu durchgehend erheblich herabgesetzt.

Zöller betont: „Die Mängelliste umfasst 20 Artikel. Und da geht es nicht um rechts- oder parteipolitisch auslegbare Meinungsunterschiede, sondern um ganz erhebliche Verstöße gegen unsere Verfassung.“

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