100 Euro pro Einwohner zum Ausgleich der Pandemie-Folgen - Krise legt verschleppte Digitalisierung des öffentlichen Sektors offen – Bayern braucht ein ressourcen- und leistungsstarkes Digitalministerium
Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Horst Arnold hat zum Auftakt der Herbstklausur seiner Fraktion einen kommunalen Schutzschirm zum Ausgleich der zusätzlichen Belastungen der Städte und Gemeinden durch die Corona-Krise im Freistaat angemahnt. „Die bayerischen Kommunen stehen durch die Corona-Pandemie vor großen Herausforderungen. Ich will, dass der Freistaat im Rahmen des Schutzschirms 100 Euro pro Einwohner an die Kommunen bezahlt. Sie sind ja für die Daseinsvorsorge vor Ort verantwortlich, Sachaufwandsträger für Schulen, betreiben aber auch Schwimmbäder und Bibliotheken“, erklärt Arnold. Er und die SPD-Abgeordneten hatten sich in der Sommerpause bei Rathauschefs in allen Regierungsbezirken über die Auswirkungen der Corona-Pandemie informiert.
Zuvor hatte Arnold bis Ende des Jahres eine Strategie für die Digitalisierung des öffentlichen Sektors gefordert, die ihren Namen verdient. „Die Staatsregierung schreibt zwar seit Jahren die Digitalisierung groß auf ihre Fahnen, aber in der Krise fehlen uns essenzielle Erfahrungswerte und Grundvoraussetzungen, um gut durch die Krise zu kommen", kritisiert Arnold. Dies habe sich zuerst in den Schulen gezeigt, die gerade in der Krise mit der unzureichenden digitalen Ausstattung, der mangelhaften Versorgung mit Breitbandinternet und den Schulungsdefiziten der letzten Jahre zu kämpfen haben. Aber auch die Zettelwirtschaft bei der Erfassung und Übermittlung der Testergebnisse bei den Reiserückkehrern, die maßgeblich zu dem Testdebakel beigetragen habe, sei ein absolutes Desaster in Sachen Digitalkompetenz der Staatregierung gewesen. „Wenn wir noch nicht mal fähig sind, einfache Aufgaben wie die sichere Datenerfassung und -übermittlung zuverlässig zu bewerkstelligen, dann nehmen wir die Bedeutung der Digitalisierung in Bayern ganz offensichtlich nicht ausreichend ernst", erklärt Arnold. „Wir brauchen jetzt schnell eine ganzheitliche digitale Krisenstrategie, die die Bevölkerung und Wirtschaft dabei unterstützt, die Krise möglichst gut zu bewältigen.“
Annette Karl, wirtschafts- und digitalpolitische Sprecherin der Fraktion ergänzt, dass die SPD-Fraktion immer ein eigenes Digitalministerium in Bayern gefordert habe, geliefert habe die Staatregierung hingegen einen regierungseigenen Think Tank, der keine Durchsetzungskraft gegenüber den anderen Ministerien habe. „Wie soll ein Ministerium mit rund 100 Mitarbeitern und einem Budget von rund 85 Millionen Euro die Digitalisierung ernsthaft vorantreiben können? Wir brauchen dringend ein Digitalministerium, das in die Lage versetzt wird, ganzheitliche und ministerienübergreifende Strategien zur Digitalisierung zu entwerfen und vor allem deren Umsetzung zu steuern und zu garantieren“.
Die Klausurtagung der 22 Landtagsabgeordneten findet im Bayerischen Landtag in München statt und endet am Donnerstag.