Ohne Aufwertung bricht das System der Sozialberufe zusammen

Ohne Aufwertung bricht das System der Sozialberufe zusammen

16. September 2020

Vorsitzende des Sozialausschusses Rauscher: Wir brauchen bessere Bezahlung und attraktivere Arbeitsbedingungen

Die SPD-Landtagsfraktion hat bei ihrer Klausurtagung umfangreiche Maßnahmen für strukturelle Verbesserungen in sozialen Berufen gefordert. "Die Corona-Pandemie zeigt, dass Erieherinnen und Erzieher unverzichtbar sind und auch ohne Pflegekräfte nichts läuft. Sie haben viel Beifall bekommen. Die Beschäftigten in sozialen Berufen brauchen aber nicht nur symbolische Wertschätzung, sondern strukturelle Verbesserungen, die ihren Arbeitsplatz attraktiver machen", erklärt die Vorsitzende des Sozialausschusses und sozialpolitische Sprecherin Doris Rauscher. Zunächst gehe es um gute Arbeitsbedingungen und faire und angemessene Löhne sowie die Anwendung und Einhaltung von Tarifverträgen. Laut dem Institut für Arbeitmarkt und Berufsforschung (IAB) werden nur noch 58 Prozent der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen nach Tarif bezahlt. Vor allem aber brauche es höhere staatlich finanzierte Investitionen in den Gesundheitssektor, in gute Kinderbetreuung, in Infrastruktur und Kommunen.

Dass sich auch attraktivere Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten lohnen würden, zeigt eine aktuelle Umfrage der Sinus Markt- und Sozialforschung unter Jugendlichen: Demnach kann sich ein Viertel der befragten Jugendlichen vorstellen, später einmal in der Kinderbetreuung oder in der Pflege zu arbeiten, aber nur vier Prozent von ihnen ergreifen derzeit tatsächlich einen entsprechenden Beruf: "Wenn sie hören, wie Bezahlung und Arbeitsbedingungen aussehen, machen sie etwas anderes. Deshalb müssen wir jungen Menschen dringend sehr gute Angebote machen. Wer jetzt den Warnschuss nicht gehört hat, fährt das System an die Wand", sagt die sozialpolitische Sprecherin.

Rauscher weist auf den riesigen prognostizierten Personalbedarf hin: Allein im Bereich Kinderbetreuung fehlen in Bayern nach einer Studie der Freien Wohlfahrtspflege bereits heute 12.430 Kita-Kräfte, in den kommenden fünf Jahren ist mit 29.400 fehlenden Erzieherinnen und Erziehern zu rechnen. Nicht viel besser sieht es bei den Pflegekräften aus: So schätzt ver.di, dass derzeit allein an den Krankenhäusern im Freistaat rund 12.000 Pflegestellen nicht besetzt sind, das ist ein Viertel der nötigen Stellen.

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