SPD-Fraktionsvorsitzender Arnold: Ausbeutung der Beschäftigten an Weihnachten besonders gravierend – Mehr Anstrengungen des Freistaats für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Tarifbindung überfällig
Knapp ein Viertel (23,1 Prozent) aller Vollzeitbeschäftigten aus der Berufsgruppe der „Post- und Zustelldienste“ ist in Bayern im Niedriglohnsektor tätig. Diese erschreckende Zahl geht aus einer aktuellen Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor. Bei den Helferinnen und Helfern ist es gar mehr als jeder Zweite (50,5 Prozent), bei den Fachkräften liegt die Quote bei 18,8 Prozent. Insgesamt arbeiten 4.587 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dieser Branche zu Niedriglöhnen, davon 1.372 als Helferinnen und Helfer sowie 3.215 als Fachkräfte. Zum Stichtag 31. Dezember 2019 belief sich die bundeseinheitliche Niedriglohnschwelle auf monatlich 2.267 Euro. Sie entspricht zwei Dritteln des mittleren Bruttoeinkommens aller vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland.
Angesichts dieser Befunde hält der SPD-Fraktionsvorsitzende Horst Arnold mehr Anstrengungen des Freistaats für dringend notwendig, um die Ausbeutung von Beschäftigten zu stoppen: „Die Paketbranche boomt, und gerade an Weihnachten will noch jeder sein Geschenk erhalten. Doch dieser Boom findet auf dem Rücken der Beschäftigten statt. Der Freistaat muss die Paketbotinnen und -boten sowie die Briefträger besser vor prekärer Arbeit zu schützen! Als SPD-Fraktion fordern wir deshalb bereits seit langem ein Bayerisches Tariftreue- und Vergabegesetz und eine deutlich stärkere Bekämpfung von Tarifflucht. Beides ist längst überfällig, denn Applaus allein ernährt keine Familien!“
Erst im November hatte eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bayern gezeigt, dass eine Stärkung der Tarifbindung ein äußerst wirksames Mittel zur Eindämmung des Niedriglohnsektors sein kann. Vorbildhaft ist laut Arnold auch das sogenannte Paketboten-Schutz-Gesetz, das der Bund vergangenes Jahr auf Initiative von Arbeitsminister Hubertus Heil beschlossen hatte. Damit soll für mehr Fairness und Beitragsehrlichkeit in der Paketdienstbranche gesorgt werden. Blickt man auf die einzelnen Regierungsbezirke, so ist der Anteil an Niedriglohnbeschäftigten aus diesem Sektor in der Oberpfalz mit Abstand am größten (35,6 Prozent). Doch auch alle anderen Bezirke liegen zum Teil weit über der 20-Prozent-Marke.
Im Einzelnen:
Oberbayern: 20,2 Prozent
Niederbayern: 21,5 Prozent
Oberpfalz: 35,6 Prozent
Oberfranken: 26,1 Prozent
Mittelfranken: 21,2 Prozent
Unterfranken: 28,4 Prozent
Schwaben: 22,7 Prozent
Aktuell (Stand: 31. März 2020) gibt es in Bayern 20.497 Vollzeitbeschäftigte aus der Berufsgruppe der Post- und Zustelldienste, außerdem 15.952 Teilzeitbeschäftigte. Die übrigen der insgesamt 93.886 Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer sind (zum Teil ausschließlich) geringfügig beschäftigt.