Gewalt gegen Obdachlose nimmt in Bayern zu

Gewalt gegen Obdachlose nimmt in Bayern zu

29. April 2021

Landtags-Vizepräsident Rinderspacher fordert Umkehr bei Wohnungspolitik

Obdachlose werden in Bayern immer häufiger Ziel von gewalttätigen Angriffen. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage von Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher hervor. Demnach hat sich die Zahl der Gewalttaten gegen Obdachlose auf Bayerns Straßen seit 2014 bis 2020 von 134 Fällen auf das Rekordniveau von 307 Fällen mehr als verdoppelt (+173 Fälle). Der Großteil ist im Bereich der Rohheitsdelikte verortet (2020: 288 Fälle; 2014: 126 Fälle), also u.a. räuberische Erpressung, Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung und Nachstellung (Stalking), Geiselnahme und Menschenhandel.

Gleichzeitig nahm jedoch der prozentuale Anteil der Opfer, die mit dem Täter verwandt oder bekannt waren, deutlich zu. Waren es im Jahr 2014 noch 42,4 Prozent, lag der Anteil der „Täter-Opfer-Vorbeziehung“ im Jahr 2020 sogar bei 55,2 Prozent.

SPD-Abgeordneter Rinderspacher: „Es ist erschreckend, dass sich die gesellschaftliche Abwertung von sozial ausgegrenzten Obdachlosen in immer mehr gewaltsamen Hassverbrechen bemerkbar macht. Die offizielle Statistik zeigt sicher nicht das ganze Ausmaß der Gewalt an Menschen ohne Wohnung, die Verbrechensdunkelziffer dürfte viel höher sein. Es braucht eine konsequente Strafverfolgung. Wer mangels eigener Schutzräume die Straße zum Schlafen nutzen muss, hat kaum Möglichkeiten, sich vor Diebstahl, Übergriffen oder Gewalt zu schützen. Gerade das reiche Bayern darf die Ärmsten auf der Straße nicht aus dem Blick verlieren.“

Rinderspacher kritisiert, dass der Freistaat Bayern keine Wohnungslosenstatistik führt, was zu einer fundierten Konkretisierung des Unterstützungsbedarfs führen würde. Er fordert neben genügend geschützten Notübernachtungsstellen und dem Ausbau von Präventionsangeboten eine Umkehr in der Wohnungspolitik: „Nur der Ausbau des sozialen Wohnungsbaus und eine mieterfreundliche Politik bewahrt Menschen vor dem Verlust ihrer Wohnung. Hygiene, Wärme, Privatsphäre und der Schutz vor Gewalt sind Grundbedürfnisse, die allen Menschen zustehen“, so Rinderspacher.

Tatsächlich sieht auch Innenminister Joachim Herrmann „in steigenden Mieten und einer Verknappung des Wohnraums“ einen möglichen Einfluss auf die Entwicklung wachsender Gewalt gegen Obdachlose, wie aus seiner Antwort an Rinderspacher hervorgeht.

Die Anlagen zur Anfrage finden Sie hier und hier.

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