Keine gleichwertigen Arbeitsbedingungen beim Homeoffice an bayerischen Gerichten

Keine gleichwertigen Arbeitsbedingungen beim Homeoffice an bayerischen Gerichten

14. Juni 2021

SPD-Anfrage zeigt: Digitalisierungsschub erreicht nur einen Teil der Beschäftigten – Rechtspolitischer Sprecher Horst Arnold: Technische Infrastruktur für bürger- und mitarbeiterfreundliche Justiz weiter stärken

Etwa vier von zehn Beschäftigten (40,93 Prozent) an Bayerns Gerichten steht aktuell ein „vollausgestatteter Homeoffice-Arbeitsplatz“ zur Verfügung (Stand: Februar 2021). Das ergibt eine aktuelle Anfrage des rechtspolitischen Sprechers Horst Arnold. Gegenüber der Vor-Corona-Zeit bedeutet dies einen Anstieg von gut acht Prozent (Februar 2020: 32,34 Prozent). Auffällig sind dabei allerdings zum einen erhebliche Unterschiede je nach Standort, zum anderen aber auch große Schwankungen bei der tatsächlichen Inanspruchnahme von Homeoffice im Verlauf der Pandemie.

Bayernweiter Spitzenreiter bei der Quote „vollausgestatteter Homeoffice-Arbeitsplätze“ ist demnach das Amtsgericht Wolfratshausen mit 62,12 Prozent, Schlusslicht bildet das Amtsgericht Kulmbach mit 13,21 Prozent. Tatsächlich im Homeoffice waren zu Beginn der Pandemie (erstes Quartal 2020) 37 Prozent (5.351) derjenigen, die in der bayerischen Justiz beschäftigt sind. Das bedeutet: Zumindest in der ersten Corona-Welle waren mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Homeoffice, als vollausgestattete Arbeitsplätze zur Verfügung standen. Während in der Folgezeit allerdings die Zahl an Homeoffice-Arbeitsplätzen stieg, sank die Quote derer, die diese tatsächlich nutzten: So arbeiteten im zweiten Quartal 2020 nur noch 29 Prozent im Homeoffice, im dritten Quartal gar lediglich 14 Prozent. Im vierten Quartal 2020 (17 Prozent) sowie im ersten Quartal 2021 (22 Prozent) erhöhte sich die Zahl zwar wieder, erreichte aber nicht mehr das Niveau der ersten Pandemie-Phase.

Angesichts dieser Ergebnisse mahnt der rechtspolitische Sprecher Horst Arnold an, den zumindest zum Teil erfolgten Digitalisierungsschub aus der Pandemie bayernweit noch stärker voranzutreiben: „Auch in der bayerischen Justiz kann vieles digital erledigt werden – das haben die vergangenen Monate gezeigt. Aber noch nicht alle, die gerne häufiger von zu Hause aus arbeiten würden, verfügen bereits über einen entsprechend ausgestatteten Arbeitsplatz. Daher braucht es einen zügigen Ausbau der technischen Infrastruktur! Gleichzeitig sollte auch die Ausweitung des elektronischen Rechtsverkehrs nochmal deutlich mehr Schwung aufnehmen – zumindest überall, wo dies Vorteile für die praktischen Arbeitsabläufe mit sich bringt! Es gilt, bayernweit die Voraussetzungen für eine möglichst bürger- und mitarbeiterfreundliche Justiz zu schaffen. So kann die Digitalisierung dazu beitragen, die Funktionsfähigkeit und die Akzeptanz unseres Rechtsstaates weiter zu stärken!“ Arnold sieht sich in dieser Forderung auch nach einem Gespräch im Rechts- und Verfassungsausschuss am 10. Juni mit Justizminister Eisenreich voll bestätigt.

Zum Stand der Digitalisierung führt das Innenministerium in seiner Teilantwort auf Arnolds Anfrage aus: „Für den nichtrichterlichen Bereich gilt es zu beachten, dass insbesondere bis zur Einführung einer elektronischen Gerichtsakte einige (große) Arbeitsbereiche grundsätzlich nicht für die Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice geeignet sind. Hierzu gehören insbesondere die Serviceeinheiten wie die Poststellen, Geschäftsstellen und Schreibkanzleien.“ Auch das Sozialministerium schreibt: „Die Gerichte der bayerischen Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit arbeiten derzeit noch ausschließlich mit der Papierakte.“

Der richterliche Bereich stellt hingegen einen Sonderfall dar: Richterinnen und Richter arbeiteten bereits vor Corona oft von zu Hause aus, da für sie aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit keine Anwesenheitspflicht vorgesehen ist. Die Quote an ausgestatteten Homeoffice-Arbeitsplätzen stieg bei den bayerischen Richterinnen und Richtern auf ohnehin bereits hohem Niveau noch einmal deutlich stärker an als bei den übrigen Beschäftigten – und zwar von 71,03 Prozent im Februar 2020 auf 85,61 Prozent im Februar 2021. Bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten stieg die Quote im selben Zeitraum gar von 68,36 Prozent auf 86,33 Prozent.

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