Rechtsexperte bestätigt: Windkraftstopp 10H durch Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig

Rechtsexperte bestätigt: Windkraftstopp 10H durch Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig

16. September 2021

Florian von Brunn und Annette Karl bei Fraktionsklausur: SPD fordert Abschaffung des Windkraftstopps und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern vor Ort an der Windkraft

Die 10H-Regelung der bayerischen Staatsregierung aus dem Jahr 2014 ist nach dem Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März diesen Jahres verfassungswidrig. Das bestätigt der Umweltrechtsexperte Prof. Dr. Kurt Faßbender von der Universität Leipzig in einem fundierten Rechtsgutachten, das auf der Klausurtagung der SPD-Landtagsfraktion vorgestellt wurde. Der Fraktionsvorsitzende Florian von Brunn betont: "Die nächsten zehn Jahre sind für das Klima und damit die verbleibende Freiheit unserer Kinder entscheidend. Klimaschutz kann nur gelingen, wenn wir die Energiewende enorm beschleunigen. Dazu gehört auch der entschlossene Ausbau der Windkraft. Die CSU-geführte Staatsregierung hat die Energiewende in Bayern mit Ansage an die Wand gefahren. Das Bundesverfassungsgericht hat klar entschieden, dass es gegen die Grundrechte unserer Kinder und zukünftiger Generationen verstößt, wenn nicht schon vor 2030 Treibhausgas-Emissionen in starkem Maße reduziert werden. Genau das konterkariert aber die 10H-Regelung, weil sie den Windkraftausbau und sogar die Modernisierung von Windkraftanlagen fast zum Erliegen gebracht hat. Das führt zu viel zu viel CO2-Ausstoß und verstößt damit gegen die Verfassung! Wir werden das als SPD nicht akzeptieren und deswegen alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um den Windkraftstopp für besseren Klimaschutz abzuschaffen!“

Professor Faßbender unterstrich unter Verweis auf Forschungsergebnisse des Umweltbundesamts, dass durch den Windkraftstopp 10H nicht nur die Flächenpotentiale für Windkraft in Bayern dramatisch reduziert werden (um bis zu 97 Prozent), sondern auch die Modernisierung von Windkraftanlagen, das sogenannte Repowering, in massivster Art und Weise eingeschränkt würde. Das Repoweringpotential reduziere sich auf nur noch bis zu ein Prozent der Anlagenstandorte. Das habe massive negative Auswirkungen auf die Energiewende und damit den Klimaschutz. Er kommt zu dem eindeutigen Schluss, dass der „Erfolg der Klimaschutzpolitik insgesamt auch vom Ausbau der Windenergie“ abhängt. Im Gegensatz zur Bewertung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom Mai 2016 sei die Akzeptanz der Windkraft durch 10H nicht gefördert, aber der Erfolg von Klimaschutz und Energiewende torpediert worden. Außerdem sei die Regelung nicht nur mit erheblichen fragwürdigen Grundrechtseingriffen verbunden, sondern wahrscheinlich auch nicht verhältnismäßig. In der Gesamtbewertung sieht der Umweltrechts-Experte die 10H-Regelung als „verfassungsrechtlich nicht mehr haltbar“.

Die Energiewende muss in Bayern stark beschleunigt werden und der Windkraftstopp fallen. Die SPD im Landtag wolle die Erneuerbaren Energien gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern voranbringen, betonte die energiepolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion Annette Karl. In einem auf der Klausur verabschiedeten Antrag fordert die SPD-Fraktion, die Menschen in Bayern durch intelligente Modelle an der Windkraft zu beteiligen. "Es braucht effektive Akzeptanzmodelle", so Karl. "Anlagebetreiber könnten etwa verpflichtet werden, Bürgerinnen und Bürger an den Einnahmen zu beteiligen. Wir schlagen konkret Ausgleichszahlungen oder günstigere Stromtarife vor."

Nicht nur bei der Windkraft müsse Bayern neue Wege gehen: Auch Wärmegewinnung durch Geothermie sei ein Feld, das die Staatsregierung bisher vernachlässigt habe. In einem weiteren Antrag fordert die SPD-Fraktion ein Landesprogramm für Erdwärme. "Die Staatsregierung muss hier selbst tätig werden", betont Karl. "Bisher wird das enorme Potential von Erdwärme kaum genutzt. Es gibt zu wenig Landesmittel, Genehmigungsverfahren für die Förderung von Geothermie werden verzögert. Wenn die Staatsregierung ihre selbst gesteckten Ziele erreichen will - nämlich 25 Prozent des Wärmebedarfs bis 2050 durch Geothermie - muss sie jetzt liefern."

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