SPD und Grüne ergreifen Initiative für einen zweiten NSU-Untersuchungsausschuss

SPD und Grüne ergreifen Initiative für einen zweiten NSU-Untersuchungsausschuss

03. November 2021

Zehn Jahre nach Enttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds sind noch zahlreiche Fragen ungeklärt

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Die SPD-Landtagsfraktion und Bündnis90/Die Grünen im Bayerischen Landtag wollen die zahlreichen ungeklärten Fragen, die sich immer noch um den NSU-Komplex ranken, aufklären und ergreifen die Initiative für einen möglichen zweiten Untersuchungsausschuss im Bayerischen Landtag. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe sollen die Fraktionen über die genauen Untersuchungsgegenstände des Ausschusses beraten und noch 2021 einen Fragenkatalog erarbeiten. Die SPD-Landtagsfraktion muss allerdings formal noch in ihrer nächsten Sitzung über das Vorgehen entscheiden. Für einen möglichst breiten Konsens werden Cemal Bozoğlu und Florian Ritter für ihre Fraktionen auch mit den anderen demokratischen Fraktionen des Landtags das Gespräch suchen.

Mit dem Tod der beiden Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos endete vor genau zehn Jahren, am 4. November 2011, die mörderische Existenz des Nationalsozialistischen Untergrunds. 13 Jahre lang konnte eine rechtsextreme Terrorgruppe unentdeckt und ungestört zehn Menschen ermorden, drei Sprengstoffanschläge verüben und über ein Dutzend Raubüberfälle begehen. Allein in Bayern hat der NSU fünf Menschen ermordet: Enver Simsek, Abdurrahim Özüdogru, Habil Kilic, Ismail Yasar und Theodorus Boulgarides.

Der Bombenanschlag auf die Gaststätte ‚Sonnenschein‘ im Juni 1999 in Nürnberg markierte den Anfang der Anschlagserie. Bayern ist nicht nur der wichtigste Tatort des NSU, sondern auch der zentrale Ort der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen der ‚BAO Bosporus‘, die sehr einseitig in Richtung ‚Organisierte Kriminalität‘ ermittelt hat. Auch zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU sind die berechtigen Fragen der Angehörigen der Opfer nach den Hintergründen der Taten, dem Unterstützernetzwerk des NSU in Bayern und der Auswahl der Opfer immer noch nicht beantwortet. In einer Petition an den Bayerischen Landtag fordern die Betroffenen gemeinsam mit über 2.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, Opferberatungsstellen, Anwälte und zivilgesellschaftlichen Initiativen die Einrichtung eines zweiten NSU-Untersuchungsausschusses.

Florian Ritter, Sprecher im Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus, BayernSPD-Landtagsfraktion: „Wir sind es nicht nur der Öffentlichkeit schuldig, sondern insbesondere den Hinterbliebenen der Opfer, die offenen Fragen aus dem NSU-Komplex zu klären. Durch die beispiellose Mordserie ist unfassbares Leid geschehen, das durch die mangelnde Aufklärung noch verstärkt wird. Der Prozess gegen den Kern des NSU hat zwar ein klares Urteil über die Schuld der Angeklagten gesprochen, musste aber viele Fragen unbeantwortet lassen. Mit einem neuen Untersuchungsausschuss wollen wir einen Beitrag dazu leisten, die nach dem ersten Untersuchungsausschuss und dem Prozess noch offenen Sachverhalte zu klären. Wir dürfen nichts unversucht lassen!"

Cemal Bozoğlu, Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus, Landtags-Grüne: „Vor zehn Jahren hat die Bundesregierung den Angehörigen der Opfer des NSU die vollständige Aufklärung der Morde des NSU versprochen. Von der Einlösung dieses Versprechens sind wir immer noch weit entfernt. Wir wissen immer noch nicht, warum Bayern mit fünf Morden und einem Sprengstoffanschlag das Haupttatland des NSU war, wie die Opfer ausgewählt und ausgespäht wurden, welche Neonazikreise in Bayern den NSU unterstützt haben und warum die Sicherheitsbehörden so lange in die falsche Richtung ermittelt haben. Wir sind es den Opfern des NSU schuldig, die Aufklärung der Tathintergründe und Unterstützernetzwerke weiter voranzutreiben.“

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