Fraktionsvorsitzender Florian von Brunn: Die Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes – bedroht von Inhaftierung, Folter und Ermordung – war und bleibt eine historische Sternstunde der Sozialdemokratie und der sozialdemokratischen Abgeordneten. Noch heute bleiben Neonanzis, Rechtsextreme und Rechtsradikale die größte Gefahr für Freiheit und Demokratie
Am 23. März 1933 ebnete der Reichstag mit seiner Zustimmung zum „Ermächtigungsgesetz“ Hitler und den Nationalsozialisten den Weg zur Alleinherrschaft. Als einzige Partei stimmte die SPD dagegen. Das Gleiche geschah in Bayern: Am 29. April 1933 stimmte der Landtag dem Gesetz ebenfalls zu – auch hier gegen die Stimmen der Sozialdemokraten.
Die SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag hat den Heldinnen und Helden der SPD von damals im Landtag mit einer Festveranstaltung gedacht. Zu Gast waren bei dieser Veranstaltung Nachfahren damaligen Abgeordneten Wilhelm Hoegner, Fritz Endres, Karl Giermann und Albert Roßhaupter. Der SPD-Fraktionvorsitzende Florian von Brunn machte den heutigen Kampf gegen Rechts, gegen Intoleranz, Gewalt und Fake-News, zum Kern seiner Rede: "Die Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes – bedroht von Inhaftierung, Folter und Ermordung - war und bleibt eine historische Sternstunde der Sozialdemokratie und der sozialdemokratischen Abgeordneten. Sie sind und bleiben auch ein Vorbild für demokratische Überzeugung und Haltung, für die Haltung der deutschen Sozialdemokratie. Eine Lehre ist: Antidemokratisches Denken und Handeln, Antisemitismus und Rassismus dürfen keinen Platz mehr in Deutschland haben. Doch noch heute bleiben Neonazis, Rechtsextreme und Rechtsradikale die größte Gefahr für Freiheit und Demokratie. Der Rechtsextremismus zog und zieht auch nach 1945 eine Blutspur durch Deutschland. Nach offiziellen Zahlen sind seit 1990 113 Menschen von Rechtsextremen ermordet worden. Auch wenn unsere Demokratie heute gefestigt ist, zeigt das: Wir dürfen Rechtsextremismus nie unterschätzen. Wir dürfen Rechtsextremisten nie nachgeben! Und wir müssen sie mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen."
Nach einer Einordnung der damaligen historischen Situation durch Dr. Jörn Retterath vom Institut für Zeitgeschichte ging der Vizepräsident des Bayerischen Landtags, Markus Rinderspacher in seiner Rede auf die einzelnen Schicksale der 17 damaligen SPD-Abgeordneten im Bayerischen Landtag ein. 16 SPD-Abgeordnete stimmten bei dem bayerischen Ermächtigungsgesetz gegen die Nazis - der 17. SPD-Abgeordnete, Michael Poeschke, war körperlich außerstande dazu. Er war zuvor im KZ Dachau misshandelt und gefoltert worden. Bis auf die Abgeordneten Wilhelm Hoegner und Parteichef Erhard Auer, die sich als besonders prominente Vertreter ihrer Partei früh verstecken und der Haft entziehen konnten, wurden alle SPD-Abgeordneten vom 29. April 1933 in den Folgewochen in sogenannte Schutzhaft in Polizeigefängnisse oder KZs verbracht. Einige überlebten die Nazi-Gefängnisse nicht. Rinderspacher: "Anders als das Ermächtigungsgesetz im Deutschen Reich ist die bayerische Variante der parlamentarischen Machtergreifung heute weitgehend unterbelichtet. Eine erinnerungspolitische Erzählung aber über die bayerische Demokratie, ohne die Schicksale der Abgeordneten zu erwähnen, kann nicht funktionieren. Ihr Bekennermut ist für die nachfolgenden Parlamentariergenerationen Mahnung und Auftrag."
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Landtags-Vizepräsident Markus Rinderspacher Download: Foto in hoher Auflösung (Nutzung kostenfrei)
Musikalische Begleitung: Hans Well und Wellbappn Download: Foto in hoher Auflösung (Nutzung kostenfrei)