Gemeinsame Pressemitteilung von SPD und FDP
Der Untersuchungsausschuss Stammstrecke, der vom Bayerischen Landtag am 26. Januar 2023 eingesetzt wurde, hatte zum Ziel, die Hintergründe für Fehlplanungen, Missstände und mögliches Fehlverhalten der Staatsregierung aufzudecken. Insbesondere sollte geklärt werden, wie es zur Kostenexplosion bei der zweiten Stammstrecke gekommen ist. Nach fast sechs Monaten Aktensichtung, Fakten-Analyse, Zeugenbefragung und Einordnung der Sachverhalte legen die Fraktionen von SPD und FDP einen gemeinsamen Abschlussbericht vor.
Ihr Fazit: Es hat sich gezeigt, dass sich die bayerische Staatsregierung mehr darauf konzentriert hat, die Probleme bei der zweiten Stammstrecke zu verheimlichen, als ihre eigentliche Kontrollfunktion als Auftraggeber wahrzunehmen. Sowohl die Bahn als auch die Staatsregierung haben das Projekt vernachlässigt, während die Kostenexplosionen und Verzögerungen ungebremst weiter voranschritten. Statt Gegensteuerungs- und Optimierungsmaßnahmen einzuleiten, blieben Verantwortlichkeiten ungeklärt und wurden chaotische Abstimmungsprozesse zwischen der Staatsregierung und der Deutschen Bahn zum Normalzustand.
Das fehlende Verantwortungsbewusstsein der Staatsregierung ist nicht zu übersehen. Auch dass Regionalisierungsmittel zweckentfremdet wurden (siehe Abschlussbericht), die eigentlich für den Ausbau des Schienenverkehrs vorgesehen waren, ist ein weiteres Indiz für mangelnde Sorgfalt und Missmanagement. Selbst die netzergänzenden Maßnahmen kommen nicht voran, was die Auswirkungen auf den öffentlichen Nahverkehr verschärft und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigt.
Dazu Inge Aures, Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion für Bau und Verkehr: „Die zweite Stammstrecke ist ein Projekt des Freistaats. Verantwortlich für das Milliardengrab, das inzwischen den Berliner Flughafen übertrifft, ist die CSU. Markus Söder und Andreas Scheuer haben das Projekt absichtlich schleifen lassen und damit Bayern massiv geschadet. Zwei Jahre lang ist nichts passiert, obwohl alle Alarmglocken geschrillt haben. Es ist eindeutig bewiesen, dass Markus Söder das Desaster wegen der Bundestagswahl verheimlicht hat. Es ist ja bezeichnend, dass der gesamte Untersuchungsausschuss feststellen muss, dass Söder den Landtag hätte informieren müssen – die Zahlen waren da! Aber: Die zweite Stammstrecke ist richtig und wichtig für die gesamte Region. Die SPD steht zum Bau der zweiten Stammstrecke. Es kann nicht sein, dass Pendlerinnen und Pendler die Versäumnisse von Bahn und Staatsregierung ausbaden müssen. Jetzt ist es wichtig, dass das Projekt engmaschig kontrolliert wird und Kosten- und Zeitpläne eingehalten werden.“
Dazu Sebastian Körber, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag: „Es ist mir ein Rätsel, wie man ein Milliarden-Projekt mit einem solchen Dilettantismus betreibt – und dann auch noch wider besseres Wissen die Hände in den Schoß legt und alles so weiterlaufen lässt, als würden sich die Probleme einfach in Luft auflösen. Die bayerische Staatsregierung hat bei der zweiten Stammstrecke nicht einfach nur gepennt und geschludert, sie blieb im Schatten von Söders Kanzler-Ambitionen auch noch lange bewusst untätig. Die Strategie der Staatskanzlei war 2020/21 auf eine dilatorische und reaktive Behandlung des Themas bis nach der Bundestagswahl ausgelegt. Söder wollte unbedingt Kanzler werden. Da konnte er keinen Baustellen-Skandal solchen Ausmaßes gebrauchen. Damit hat Söder seine persönlichen Interessen über die der bayerischen Bevölkerung gestellt. Söder, das hat sich im Untersuchungsausschuss gezeigt, ist eine Symbolfigur für das Millionen-Desaster Stammstrecke und gehört zur Rechenschaft gezogen. Uns geht es hier nicht um parteipolitisches Hickhack, es geht um Milliarden an Steuergeldern, die hätten vermieden werden können. Wenn der Ministerpräsident nach zwei Untersuchungsausschüssen, in denen er jeweils eine zentrale Rolle spielt, noch ein Zipfelchen an Glaubwürdigkeit zurückerlangen will, dann sollte er endlich auch die politische Verantwortung dafür tragen.“