Ein klares Ja zu innerer Sicherheit – und ein klares Nein zu staatlicher Willkür: Für die SPD-Landtagsfraktion ist das Rechtsstaatsprinzip die oberste Prämisse bei der polizeilichen Gefahrenabwehr. Dazu gehört auch, dass Bayerns Bürgerinnen und Bürger nicht unter Generalverdacht gestellt werden – was in Teilen des Polizeiaufgabengesetzes der Fall ist, die die SPD als traditionelle Rechtsstaatspartei seit 2018 juristisch bekämpft. An diesem Mittwoch steht die mündliche Verhandlung vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof an. „Rechtsstaat bedeutet: Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger – auch vor Übergriffen des Staates“, betont der rechtspolitische Sprecher Horst Arnold. „Wir engagieren uns für Freiheit und innere Sicherheit – auch im Interesse der Polizei, die einen klaren Handlungsrahmen benötigt.“
Arnold geht es um den im Polizeiaufgabengesetz verankerten Begriff der „drohenden Gefahr“, der eine sehr niedrige Eingriffsschwelle für die Sicherheitskräfte festlegen soll. Für den SPD-Politiker, einst selbst Richter und Staatsanwalt, handelt es sich jedoch um einen weitgehend konturenlosen, schwammigen Begriff, der keine rechtssicheren Einsätze der Polizei begründen kann. „Hier werden alle Bürger Bayerns unter Generalverdacht gestellt“, kritisiert Horst Arnold. Die „drohende Gefahr“ ist eine rein bayerische Erfindung. Sie wird in anderen Ländern oder auf Bundesebene nicht oder allenfalls punktuell für Ausnahmefälle verwendet.
Die SPD erhofft sich von dem Termin beim Verfassungsgerichtshof Antworten auf zahlreiche drängende Fragen. So konnte die Staatsregierung bis heute nicht schlüssig erklären, warum sie sich zur Legitimierung der umstrittenen Eingriffsschwelle auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeskriminalamtsgesetz beruft, obwohl das Bundeskriminalamt anders als die bayerischen Behörden nicht für das gesamte Aufgabenspektrum von der Ruhestörung bis zur Raserei, sondern für internationalen Terrorismus zuständig ist. Und warum ausgerechnet Bayern als sicherstes Bundesland eine niedrigere Eingriffsschwelle für erforderlich hält. Fraglich ist auch, wie sich Bürger im Streitfall gegen eine derart willkürliche Regelung zur Wehr setzen können und wie die Polizei vor Ort ihr Eingreifen begründen will, wenn nicht einmal Juristen zweifelsfrei eine „drohende Gefahr“ definieren können.
Die mündliche Verhandlung findet am Mittwoch, 29. Januar, um 10.30 Uhr in Saal 270/II des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs an der Prielmayerstraße 7 in München statt.