Bayern hat eine starke Industrie. Sie ist Garant für Wohlstand und Beschäftigung im Freistaat. Doch der Industriestandort Bayern steht vor tiefgreifenden und vielfältigen Herausforderungen. Die Umstellung auf klimafreundliche Produktionsverfahren (z. B. Glas-, Keramik- und Chemieindustrie) und Antriebstechnologien (Automobilindustrie), der digitale Wandel, der immer größer werdende Fachkräftemangel, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Lieferketten sowie zuletzt die durch den Ukrainekrieg rasant gestiegenen Energiepreise stellen die Widerstandsfähigkeit der Industrieunternehmen auf die Probe.
Die sozial-ökologische Transformation, also der sozial wie ökologisch und ökonomisch verträgliche Umbau der Wirtschaft, gehört zu den zentralen Aufgaben der nächsten Jahre. Die Spitzenposition der Industrie und das hohe Wertschöpfungs- und Beschäftigungsniveau sind auf dem Weg hin zur Klimaneutralität Chance und Herausforderung zugleich. Wichtig ist, die Transformation politisch zu gestalten und dabei die Beschäftigten in Bayern stärker in den Blick zu nehmen. Es gilt, gute Industriearbeitsplätze im Land zu halten. Etwa ein Viertel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeitet in der bayerischen Industrie. Durch das hohe Gehaltsniveau in der Industrie trägt der Sektor auch mit Löhnen und Steuern zum Erhalt des bayerischen Sozialstaats bei.
Die Automobilindustrie und ihre Beschäftigten benötigen insbesondere bei der Umstellung auf neue Antriebstechnologien Unterstützung. Dazu müssen der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Steuerung der Weiterqualifizierungsprozesse gezielt koordiniert werden. Transformationsbündnissen mit Vertreter*innen aus Wirtschaft, Gewerkschaften, und Bildungs- und Forschungsinstituten ist es wichtig, den Qualifizierungsaspekt in den Fokus zu nehmen. Das Projekt transform.by wird derzeit über Bundesgelder gefördert. Insgesamt muss sich der Freistaat stärker bei entsprechenden Transformations-Clustern engagieren – sowohl finanziell als auch koordinierend. Fördergelder des Freistaats sollten künftig an Qualifizierungszusagen der Unternehmen für alle Beschäftigte geknüpft werden, unabhängig von ihrem Qualifizierungsgrad.
Energieintensive Industrien wie die Chemieindustrie, Papierindustrie, Metallerzeugung und Glas-, Keramik- und Steinwarenindustrie können durch den passgenauen Einsatz von Transformationsinstrumenten wie CO2-Differenzverträgen (ein unabhängig von den unbeständigen Marktpreisen garantierter Fixpreis für Energie) oder den Aufbau von Demonstrationsanlagen unterstützt werden.
Bayerns energieintensive Industrien (u. a. Chemieindustrie, Glas- und Keramikindustrie) sind in Zukunft auf Wasserstofftechnologie angewiesen. Für die lokale Produktion mit Elektrolyseuren benötigen wir einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien in Bayern. Auf Bundes- und EU-Ebene arbeiten wir an günstigen Rahmenbedingungen für ein europäisches Wasserstoffnetz – dem European Hydrogen Backbone (EHB). Wir unterstützen den Anschluss Südbayerns über Leitungen von Italien über Österreich an das europäische Netz bis 2030.
Die verschiedenen von der Transformation besonders betroffenen Industrien sind auch von unterschiedlicher Bedeutung für die bayerischen Regionen. Die Autoindustrie etwa ist sehr wichtig für Niederbayern. Es braucht daher angepasste Lösungswege bei den Herausforderungen. Eine entsprechende Agentur sollte Unternehmen bei Fragestellungen zum Thema Transformation zur Seite stehen, als Plattform zum Informationsaustausch dienen und das Fördermanagement bündeln und verbessern. Bestehende Förderangebote sind oftmals gar nicht bekannt oder nicht passgenau zugeschnitten – vor allem bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen besteht Unterstützungsbedarf.
Auch der Klimawandel verändert die bayerische Wirtschaft. Dies betrifft nicht nur die bayerische Industrie, sondern etwa auch kleine Tourismusbetriebe. Wir wollen, dass Bayern diese Unternehmen beim Wandel unterstützt.
Wir wollen das Handwerk und den Mittelstand bei der Digitalisierung, bei der Energiewende, der Klimatransformation und bei der Gewinnung von Fachkräften unterstützen. Deshalb setzen wir uns für ein starkes Digitalbonusprogramm ein. Gleichzeitig wollen wir gute Aus- und Weiterbildung stärken. Die SPD-Landtagsfraktion fordert seit Jahren, dass die Meisterausbildung – analog zum Erststudium – kostenfrei gestaltet werden muss. Die Staatsregierung hat auf unser Drängen hin eingelenkt. Hierfür müssen jetzt die erforderlichen Mittel bereitgestellt werden. Ein Weg führt über die Erhöhung des Meisterbonus. Zudem wollen wir, dass die überbetrieblichen Bildungsstätten des Handwerks auf höchstem technologischem und digitalem Niveau ausbilden. Auch die Aus- und Weiterbildung in Klimaschutztechniken muss gefördert werden.
Der Bund hat bereits 2022 für die Bürger:innen drei Entlastungspakete mit einem Gesamtvolumen von 95 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Damit werden Mehrkosten abgefedert, die durch hohe Energiepreise und Inflation entstanden sind. Darüber hinaus spannt der Bund einen umfassenden Abwehrschirm von 200 Milliarden Euro auf, mit dem die Folgen steigender Kosten für Verbraucher*innen sowie Unternehmen abgefedert werden.